Der Kri-Ticker

Der Kri-Ticker #62

Diesmal mit dabei: Mutter hat Krebs, Popeye, Courtney Crumrin im Königreich des Zwielichts, Bob Marley- Die Legende der Wailers, Zwarwald – Elementartierchen, Jazam! 1: Märchen, Es war keinmal, 5 ist die perfekte Zahl, The Darkness: Prelude / Witchblade: Demon, Shaun of the Dead, Bonk, Interiorae 1 und Vampire Boy 2.

Besprochen von Björn Brüggemann (bb), Frauke Pfeiffer (fp), und Benjamin Vogt (bv).

MUTTER HAT KREBS
 Knesebeck
So unscheinbar dieses kleine Büchlein ist, so unheimlich ausdrucksstark ist Mutter hat Krebs von Brian Fies. Dabei erzählt der Autor und Zeichner von der Krebserkrankung seiner Mutter ganz offen und in sehr vielen Details. Und auf welche Weise er das Thema für sich selbst verarbeitet, ist hervorragend. Fies dramatisiert nicht, spielt aber die Probleme, die mit der Krankheit für ihn und seine Familie einhergehen, auch nicht herunter. Spielerisch wird hier für jeden neuen Abschnitt, der stellvertretend für einen Gedanken oder ein spezifisches Entwicklungsstadium steht, eine neue Ausdrucksform gesucht und mit grafischen, oft sehr unerwarteten oder unkonventionellen Mitteln umgesetzt. Dieser Comic ist auch eine Art Familientherapie, da die Beziehung des Künstlers zu seinen Schwestern und seinem Vater sich auch aufgrund der Erkrankung ändert und deshalb auch von zentraler Wichtigkeit für Fies zu sein scheint. Dabei wirkt Mutter hat Krebs schlussendlich in vielfacher Hinsicht: Für Brian Fies, für seine Mutter und für alle, die in ihrer Familie ein ähnliches Schicksal erleiden, ist dieser Band eine ehrliche, nicht verbitterte, Mut machende Angelegenheit. Alle anderen bekommen einen herzzerreißenden Comic, der die Grenzen des Mediums auslotet, ohne dabei an Gefühl und Humor zu verlieren. Eine brillante Publikation, die für seine Vorabversion im Internet sicherlich nicht zu Unrecht mit dem Eisner-Award ausgezeichnet wurde. Die deutsche Ausgabe dieses, jetzt bereits als Klassiker geltenden Bandes, schafft mit Einleitung und Nachwort die sensible Herangehensweise an ein schweres Thema und sollte deswegen und wegen der hohen inhaltlichen Qualität in keinem Comicregal fehlen (irgendwo in der Nähe der Werke Scott McClouds). bv

 

POPEYE
marebuchverlag

Dieser Band ist ein Pflichtkauf für alle, die die Anfänge des Comicseemanns nachlesen und sich einen gut aufgemachten Gesamtband ins Regal stellen wollen. Die Ausgabe vereint die allerersten Comicstrips von Autor und Zeichner E. C. Segar, die zwischen den Jahren 1929 und 1938 entstanden und zur damaligen Zeit in etlichen Zeitungen abgedruckt wurden. Interessanterweise zeigt uns diese Urversion einen ganz anderen Popeye, als man ihn in der späteren Abfolge (nach Segars frühem Tod) kennen lernen sollte. So liegt dem Matrosen mit der merkwürdigen Aussprache stets ein markiger Spruch auf den Lippen und nicht nur er, sondern auch die Nebenpersonen (wobei Popeye selbst als Nebenperson eingeführt wird) und die Geschichten weisen eine immense Vielschichtigkeit auf. Die Strips lesen sich gerade hinsichtlich der damaligen Zeit in Amerika sehr hintergründig.
Das Buch aus dem marebuchverlag ist aufwendig gestaltet, beginnt mit einem Vorwort und behandelt am Ende zusätzlich Popeyes historischen Kontext. Sehr großes Lob muss auch dem Übersetzer Ebi Naumann gelten. Der Hamburger musste unter Beachtung mehrerer Aspekte eine ganz neue Sprachgestaltung konzipieren, die auf die Figur Popeye maßgeschneidert ist, ohne dabei bei der Übertragung ins Deutsche zu viel des eigentlichen Charmes zu verlieren (auch dieser Prozess wird im Buch von Naumann geschildert). Und das ist auf den über 450 Seiten großartig gelungen. Ein Klassiker mit passender Ausstattung also. bv

 

COURTNEY CRUMRIN IM KÖNIGREICH DES ZWIELICHTS
 Modern Tales
Im dritten und vorerst letzten Band dieser schönen Reihe von Ted Naifeh ist der Fokus nicht mehr alleine auf die eigentlich immer schlecht gelaunte und mit wachen Augen durch ihre Umgebung streunende Courtney gerichtet, sondern sie muss sich mit anderen Kindern – ibah! – herumschlagen und den kleinen, verzauberten Bruder einer ihrer Mitschüler retten. Klar, weil die anderen zu blöd dafür sind. Hätten sie mal auf Courtney gehört und nicht diese obskuren Zaubersprüche ausprobiert, von denen sie keine Ahnung haben. Eigentlich selber schuld, sollen sie halt sehen, wie sie damit zurecht kommen. Aber dann fällt ihnen irgendwann doch nichts anderes mehr ein und sie suchen Rat bei Courtney. Die will zwar erst nicht, aber dann tut ihr der Kleine irgendwie Leid und die Gruppe macht sich auf den Weg in die Unterwelt, um ihn wieder zurückzuverwandeln – dass dabei einiges schief geht, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Und das ist auch schon der Knackpunkt, warum dieser Band der schwächste des Trios ist: im Gegensatz zu den ersten beiden Ausgaben ist diesmal so einiges vorhersehbar. Und ihre dämlichen Mitschüler nerven einfach – nicht nur Courtney, sondern auch den Leser. Auch hätte ich es als angenehmer empfunden, wenn eine kleinere Schriftgröße genommen worden wäre, damit an manchen Stellen ganze Sätze in die Sprechblase reinpassen. Die Enge der Blasen war ja auch schon in den Vorgängern ein Problem, womit man als Übersetzer und Letterer irgendwie klar kommen muss. Insgesamt natürlich immer noch eine sehr ordentliche Anschaffung mit liebevollen, fantastischen und detailreichen Zeichnungen und einer griesgrämigen und trotzdem verletzlichen Courtney. fp

 

BOB MARLEY – DIE LEGENDE DER WAILERS
 Ehapa Comic Collection
Ehapa hat sich seit einiger Zeit ja fast schon als Fachverlag für musikalische Comicthemen herausgestellt. Dass dabei nicht immer höchste Qualität gegeben ist, zeigt dieser Band über die Reggaelegende Bob Marley. Erdacht und gezeichnet vom französischen Künstler Roland Monpierre, erzählt er die Geschichte von Marley, von den frühen ersten Schritten in Jamaika bis hin zu Plattenvertrag und Tournee. Leider kommt die Erzählung dabei viel zu spaßig und unbeholfen daher und die Zeichnungen wirken nicht nur wegen der überbordenden „Bunstiftfarbgebung“, sondern auch wegen der oftmals unübersichtlich platzierten Sprechblasen unpassend. Zwar ist die zeichnerische Arbeit Monpierres an sich nicht schlecht, aber die merkwürdigen Farben im Zusammenspiel mit dem cartoonhaften Stil führen den Comic, auch inhaltlich gesehen, in recht austauschbares Gewässer. Wenig legendär wird hier also über Bob Marley und die Wailers berichtet, hinterm Ofen verlocken dürfte das, zum 25. Todestag, nur wenige hartgesottene Fans des Musikers. bv

a1

ZWARWALD – ELEMENTARTIERCHEN
Reprodukt

Seit über zwei Jahren gibt es die kurzen Episoden von Zwarwald bereits regelmäßig im Internet zu lesen, Grund genug also, die amüsanten Geschichten von Autor Leo Leowald auch mal in gedruckter Form vorzulegen. So gibt es in dem mit Elementartierchen betitelten Sammelband auf fast 100 Seiten mit vielen bekannten und zusätzliche einer neuen längeren Episode reichlich gut gemachte Lesekost. In der Welt von Zwarwald protokolliert Leowald alltägliche Gedanken, oft Nonsens, der auf spontanen Ideen beruht, einige Male aber auch tiefschürfende Wiedergaben exakter Beobachtungen. Allesamt haben sie letztlich eine beständig hohe Qualität gemeinsam, was sowohl den mit genau passenden Farben unterlegten und mit Schnabelwesen gefüllten zeichnerischen Aspekt, wie auch die behandelten Themen mit ihrer gut überlegten Umsetzung, anbelangt. Wenn in einer Story Robbie Williams Stress mit seiner polnischen Haushaltshilfe hat, ist das Zwarwald’sche Absurdität mit Hang zum Realismus. Wenn Leowald von seinen jungen Jahren als Aushilfe im Pornokino zu berichten weiß, dann ist das autobiografisch, verständlich und vom Stil her berichtend. Schließlich ist dann auch noch der Anteil dieses Buches anzuführen, der gar nicht einzuordnen ist, nämlich immer dann, wenn der Inhalt keinen erkennbaren Rhythmus mehr aufweist oder ein Ende mit nicht vorhandener Pointe glänzt. Elementartierchen ist all das und damit ein wundervoller erster Gesamtband eines Künstlers, der mit seinem Einfallsreichtum irgendwo zwischen Lewis Trondheim und Nicolas Mahler einzuordnen ist. bv

JAZAM! 1: MÄRCHEN
 Das hier ist ein ganz besonderes Projekt – es entstand spontan durch ein paar ambitionierte Jungzeichner im Comicforum, die den Wunsch hatten, unter einem Motto eine Printmagazinreihe herauszubringen. Von dem Ansatz geht das in Richtung Panik Elektro, wobei dort mit Schwarzer Turm ein professioneller Verlag dahintersteht, während Jazam! in Eigenproduktion entstand.
Für den ersten Band, bei dem Adrian vom Baur, David Koslowsi und Nico Simon die Organisation übernahmen, einigte man sich per Abstimmung auf „Märchen“ als Oberthema, welches dann nach Belieben illustriert und umgedeutet werden konnte.
Das professionelle Cover von Steven Bagatzky ist ein schöner Blickfang (wenngleich ich Braun und Lila nicht wirklich für geeignete Farben des Logos halte) und macht Lust auf mehr.
Wie eigentlich immer bei solchen Zusammenstellungen schwankt dann aber die Qualität des Inhalts doch merklich. Bei manchen Künstlern bewahrheitet sich die Weisheit, dass gute Zeichner (noch?) nicht automatisch gute Erzähler sind. So bringen z.B. Said Omar Eshaq und Jan H. Langbein jeweils einen eigenen, ausdrucksstarken Zeichenstil mit, verlieren sich aber in ihren Erzählungen. Dazu im Gegensatz stehen andere Zeichner noch vor einigen Mühen, ihre Anatomiekenntnisse und räumliche Vorstellungskraft auszubauen. Und dann gibt es Künstler wie Véro, bei denen man sich fragt, warum die noch nicht professionell veröffentlicht werden.
Beeindruckend ist die enorme Stilvielfalt und der Mut zu Experimenten, der in Jazam! gezeigt wird. Auch der redaktionelle Teil ist nicht zu kurz gekommen, wird doch sowohl das Projekt als auch jeder der 27 beteiligten Künstler ausführlich vorgestellt.
Ich weiß, es musste billig gedruckt werden, trotzdem kann ich nicht unerwähnt lassen, dass mir der Digitaldruck so gar nicht gefallen will. Vielleicht kann man beim nächsten Band da doch was dran drehen?
Trotz meiner Kritikpunkte ist dies aber ein wirklich schöner, über 100 Seiten starker Querschnitt durch den Comicnachwuchs dieses Landes (und der Nachbarn), auf das die Macher stolz sein können. Da will ich mehr von sehen!
Und wen's interessiert: Meine persönlichen Favoriten aus diesem Band sind „Das eigensinnige Kind“ von D.M. Marquardt, die „Fucked-Up Fairy Tale“ von Lukas Jüliger, „In der Stadt“ von Véro, „Märchenstunde“ von Alexander Gellner und „Besuch vom Ding zur nächtlichen Stunde“ von Anna-Maria Jung. fp

Zu bestellen auf der schön gestalteten Website www.jazam.de

 

ES WAR KEINMAL  
eswarkeinmalSchwarzer Turm
Und noch eine Märchen-Anthologie mit diversen Nachwuchskünstlern, die kurz vor Jazam! erschien. Die beiden Bände kann man aufgrund der ähnlichen Thematik ganz gut miteinander vergleichen. Entstanden ist dieser hier aus einem Wettbewerb des Verlags, in dem man ein Konzept einer Anthologie vorstellen sollte. Die schlüssigste Idee gewann und damit wurde Beatrice Beckmann frischgebackene Herausgeberin. Inhaltlich sind die beiden Anthologien gar nicht so weit voneinander entfernt, versuchen sich doch junge Künstler an der Neuinterpretation von Märchen, entweder mit alternativem Ende, in eine andere Zeit geholt oder aber, und das fällt hier deutlich mehr auf, als Parodie. Leider gleitet das manchmal sehr ins nichtssagende Alberne ab, weswegen mir eine Geschichte doch zu zäh wurde und ich sie abgebrochen habe. Der jüngeren Zielgruppe könnte es aber durchaus gefallen. Zeichnerisch präsentiert Es war keinmal auf über 200 Seiten im typisch kleinen Mangaformat nur deutschsprachige Mangakünstler, und im Durchschnitt muss man den beteiligten Zeichnern ein höheres Niveau bescheinigen. Der Detailreichtum in manchen Geschichten ist beeindruckend. Auch hier zeigt der Nachwuchs, was er kann – und das ist mehr als ordentlich -, bekommt aber in manchen Beiträgen Abzüge in der Story-Umsetzung. Da fehlt in manchen Fällen halt einfach noch etwas die Erfahrung.
Am besten hat mir „Grimm(ig)“ von Melanie Schober gefallen, weil da mal jemand auch verdammt gut erzählen kann. Straff und spannend konstruiert, das fällt positiv auf. Überzeugend fand ich noch „Gevatter Tod“ von Olivia Viehweg, „Das gläserne Herz“ (welches aber keine wirkliche Pointe hatte?) von Daniela Uhlig und „Der Froschkönig“ von Lisa Rau. Auch diese Sammlung enthält die Vorstellung aller beteiligten Künstler sowie ein Interview mit Beatrice Beckmann, wodurch der positive Eindruck abgerundet wird. fp

a2

 

 

 

5 IST DIE PERFEKTE ZAHL
 Avant-Verlag
In eisigen, blau-schwarzen Bildern erzählt Igort die Geschichte des Mafioso Peppino, der früher als Killer in den Diensten seines Capo stand. Doch jetzt führt Sohn Nino das Erbe des Vaters weiter. Als Nino von einem Auftrag nicht zurückkehrt, hat Peppino eine Vision. Beunruhigt geht er nach Hause zurück und stößt auf zwei ihn erwartende Killer. Peppino merkt, dass er und Nino von der Mafia verraten wurden und macht sich auf die Suche nach dem Mörder seines Sohnes. Stur versucht er seine Vorstellung von Gerechtigkeit durchzusetzen, löst dabei einen Mafiakrieg aus und bekommt den Mörder seines Sohnes zu fassen. Aber der Killer Peppino bringt es nicht über sich, ihn zu töten. Peppino versucht seiner Gegenwart und Vergangenheit zu entfliehen und setzt sich nach Südamerika ab.
Igort bringt die Stilmittel des Film Noir in gezeichnete Form, das Neapel der 60er Jahre wird in dunklen und schattenreichen Bildern porträtiert, die Atmosphäre ist düster. Im Kontrast dazu stehen die Anthropomorphisierungen und zerfließenden Körper der Träume und Visionen. Auch der Seitenaufbau ist dabei immer abwechslungsreich, von einer strengen Anordung gleichgroßer Panels über sich auflösende Strukturen hin zu ganzseitigen Bildern und stummen Passagen.
Die große Vielfalt an Erzähl- und Zeichenstilen, sowie die unzähligen Anspielungen machen den Comic zu einem Werk, dass sich nicht mit einem Mal erschließen lässt. Trotzdem wirkt 5 ist die perfekte Zahl nicht unruhig, die vielen Einflüsse sind zu einem stimmigen Ganzen verwoben. bb

a2

THE DARKNESS: PRELUDE / WITCHBLADE: DEMON
Infinity

Der Titel könnte etwas irreführend sein – in diesem One Shot gibt es kein Crossover der beiden Hauptfiguren (was ja nicht das erste Mal wäre), sondern es handelt sich um zwei separate, abgeschlossene Geschichten in einem Band. Nur eines haben sie gemeinsam: sie wurden beide von Jae Lee gezeichnet. Und das kann sich sehen lassen.
In der vom altbekannten Paul Jenkins geschriebenen Darkness-Geschichte rächt sich Jackie an einem Bombenleger, den er in einem Haus aufspürt. Und, oh Wunder, einmal sieht man nicht sämtliche Eingeweide durch die Luft fliegen, sondern man darf sich einfach seinen Teil denken. Was ja oft gruseliger ist als die explizite Darstellung. Ebenso subtil, wenn man es so nennen möchte, ist das atmosphärische Artwork von Jae Lee. Sehr reduzierte Farben (von Jose Villarubia), texturierter Hintergrund, guter Einsatz der vielen Schwarzflächen. So gefällt einem Jackie wieder – düster, geheimnisvoll, entschlossen. Diese Kurzgeschichte ist ordentlicher als manche der Handlungsbögen, die sich sonst über vier Hefte hinziehen.
Comic Bad Boy Mark Millar (Wanted) versucht sich als Autor an einer Witchbladestory, in der Sara einem Mörder hinterherhetzt, der es eigentlich auf sie abgesehen hat. Obwohl hier mehr passiert als im Darkness-Teil, empfinde ich letztere als die stimmigere Umsetzung. Die Farben (von June Chang) bei Witchblade sind ebenfalls sehr reduziert, wirken aber aufgrund der oft hintergrundarmen Panels etwas aufgesetzt. Sara Pezzini sieht mir zu glatt, zu sauber aus, was auch schon dem Cover nicht gut bekommt. Die Geschichte wirkt etwas bemüht, bietet aber immerhin einen einigermaßen überraschenden Schluss.
Insgesamt allein aufgrund des Darkness-Teils und der hübschen Flip-Ausgabe (zwei Cover) die Anschaffung wert. fp

SHAUN OF THE DEAD
 Ehapa Comic Collection
Leider habe ich den gleichnamigen Film noch nicht gesehen, aber unabhängig davon fühle ich mich bei dieser Comicadaption bestens unterhalten. Ein gutes Zeichen, wo doch viele Umsetzungen von Film zu Comic einfach nur schlecht sind.
In Shaun of the Dead geht es um einen Loser, der mit seinem Job unzufrieden ist und Probleme mit der Freundin hat. Der gute Mann heißt Shaun. Er und sein Kumpel Ed müssen sich plötzlich weg von der Playstation bewegen, um Zombies mithilfe von Cricketschlägern und fliegenden Schallplatten zu bekämpfen.
Shaun of the Dead ist eine britische Parodie auf Romeros Dawn of the Dead. Der Comic ist sehr lustig und nimmt das Genre gnadenlos aufs Korn. Chris Ryall und Zach Howard setzen den untoten Spaß sehr dynamisch in Szene und leisten damit solide Arbeit.
Alle, die die Filmvorlage möglicherweise bereits kennen, bekommen storytechnisch wahrscheinlich nicht viele neue Einblicke, aber zumindest eine sehr gute Comicversion des Stoffes. Und wer den Film, so wie ich, nicht kennen sollte, der darf sich über urkomischen, gut gemachten Zombiespaß freuen. bv

BONK
Achterbahn

Die Cartoons, die in Bonk versammelt sind, zeichnen sich zumeist von einem um die Ecke gedachtem Humor aus. Olle Berg lässt darin großen und kleinen Fantasien freien Lauf. Das Ergebnis ist ein nicht ganz leicht zugänglicher Band. Manche Comics sind ohne Umschweife zum Brüllen komisch, viele andere hingegen bleiben eher unverständlich und erschließen sich wohl nur dem schwedischen Künstler selbst. Olle Bergs Zeichenstil bedient sich abstrakter, eckiger Menschen und Gebilde. Kein Wunder, dass das und die Hintergründigkeit der oftmals unpointierten Witze in Bonk, obwohl klar dem Cartoon-Genre angehörend, als verstörend empfunden werden kann. Allein wegen der zwischenzeitlich fabelhaften Gags darf man aber auf jeden Fall mal reinschnuppern. bv

 

INTERIORAE 1
 Avant-Verlag
In einer Wohnsiedlung stattet ein geisterhafter weißer Hase den verschiedenen Bewohnern einen Besuch ab, solidarisiert sich mit ihnen, kennt sie genau und beobachtet sie. Anschließend erstattet er schließlich spätabends dem schwarzen Monstrum im Keller Bericht und stellt eine Verbindung zu den Träumen der Menschen her, von denen sich die Dunkelheit ernährt.
Interiorae ist ein auf drei Bände angelegtes Werk innerhalb der Kollektion Ignatz, das von der italienischen Künstlerin Gabriella Giandelli erdacht wurde. Mit klaren Bleistiftzeichnungen erzählt sie darin eine poetische Geschichte über zwischenmenschliche Beziehungen und das Leben miteinander. Giandelli beschreibt Wohngebäude als funktionierende Organismen, die über Träume und Fantasien der Bewohner am Leben erhalten werden und sogar den Tod überdauern können. Als metaphorisch bedachtes, verträumtes Stadtmärchen gelingt es Interiorae schnell, eine ruhige Atmosphäre zu erschaffen, die als besonders gelungen gelten darf. bv


a2

VAMPIRE BOY 2
 CrossCult
Ein namenloser Junge wacht, gestärkt von der Sonne, aus einem hunderte von Jahren andauernden Schlaf auf. Er ist unsterblich, genau wie seine Erzfeindin Ahmasi, die alsbald Jagd auf ihn macht. Der Fluch des namenlosen Jungen scheint neben dem lebenslangen Aussehen eines Kindes wohl auch der in regelmäßigen Abständen erfolgende Abschied von seinen Freundschaften zu sein. Dass solch ein Verlust nicht immer nur mit der normal begrenzten Lebensdauer dieser zu tun hat, wird dem Leser in Carlos Trillos und Eduardo Rissos zweitem Band von Vampire Boy früh bewusst. Ahmasis Rachedurst lässt auch Unbeteiligte in den Konflikt geraten.
Carlos Trillo schafft es auch weiterhin, seiner Erzählung die richtige Mischung aus Absurdität, Gewalt und Sex einzuverleiben. Mit weiteren Erinnerungen an die bewegte Vergangenheit des Vampirjungen gelingt dem Autor spielend leicht der Ausgleich zur gnadenlosen Blutfehde der unsterblichen Protagonisten. Auf unterhaltsame Weise bekommt so der Leser einen uralten Mythos frisch und in der heutigen Zeit spielend dargereicht. Einfache Details und prägnante Dialoge lassen mehr über Beweggründe und Psyche der Charaktere erahnen, ohne die ausgewogene Balance zwischen Wut und Gefühlen, Hass und Humor im Plot außer Acht zu lassen. Wenig bleibt über Rissos Zeichnungen zu sagen, denn die sind wie immer perfekt und mustergültig. Auf weitere seiner Arbeiten darf man sich auch in Zukunft mit der dritten Ausgabe von Vampire Boy und dem One-Shot Jonny Double bei Cross Cult, sowie der Fortführung von 100 Bullets bei Panini freuen. bv


a2

Bildquellen: comiccombo.de und die jeweiligen Verlage