Der Kri-Ticker

Der Kri-Ticker #61

Diesmal mit dabei: Der alltägliche Kampf 3: Kostbarkeiten, Die Saga vom Dunkelelf 2: Exil, Die kleinen Mutterficker 5: Life @ St. Qentin, Tomb Raider: The greatest treasure of all, Marvel Exklusiv 62: Daredevil – Black Widow , Der Zauberer von Oz, Mister i , Samurai: Heaven & Earth (US), Oldboy 1 (US), Damn Nation (US)

Besprochen von Frauke Pfeiffer (fp), Bastian Richelshagen (br), Benjamin Vogt (bv) und Björn Wederhake (bw).

DER ALLTÄGLICHE KAMPF 3: KOSTBARKEITEN
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Manu Larcenet  hat mit Der Alltägliche Kampf eine wunderbare Serie um den Fotografen Marco geschaffen, der sich durch allerlei Irrungen und Wirrungen des Alltags kämpfen muss. Im dritten Band versuchen er und seine Familie, den Selbstmord des Vaters zu verarbeiten. Seine Mutter will alles Materielle, was mit ihm in Zusammenhang stand, entsorgen, sein Bruder lässt niemanden an sich ran, und Marco macht das Tagebuch seines Vaters zu schaffen, das anscheinend nur Banalitäten zu bieten hat – selbst die Geburt seiner beiden Söhne erwähnt er darin mit keiner Silbe. Dazu kommt noch der Kinderwunsch seiner Freundin Emilie, die ihn vor die Wahl stellt – entweder entscheidet er sich für ein Kind, oder sie ist weg. Aber auch Positives gibt es zu berichten: Marcos Fotografien über die alte Werft, in der sein Vater gearbeitet hat, sollen in einem Kunstband veröffentlicht werden …
Der knuffige, reduzierte Zeichenstil darf nicht zu der Annahme verführen, dass diese Reihe ein Funny sei. Sauber seziert Larcenet, was das Leben an Hochs und Tiefs mit sich bringen kann, ohne seine Protagonisten vorzuführen. Der Leser fühlt sich den Figuren verbunden, aber trotz aller Schwere schafft es der Autor immer wieder durch Marcos und Emilies sarkastische Art, ihm genügend Abstand zu gewähren.
Eine famose, zudem handgeletterte Serie, die einem gerade durch die unaufdringlichen, kleinen Wahrheiten sehr nahe geht. fp

 

 

VERGESSENE REICHE – DIE SAGA VOM DUNKELELF 2: EXIL dunkelelf2
Panini

Die Figur des Dunkelelfen Drizzt Do'Urden ist eigentlich der Rollenspiele von Dungeons & Dragons, genauer der Fantasie von R.A. Salvatore, entsprungen. Sie wurde so beliebt, dass es mittlerweile Bücher und sogar eine Comicreihe über den Abtrünnigen ist.
In der Fortsetzung des 1. Bandes (“Heimatland“), in dem sich Drizzt trotz sorgfältiger Erziehung durch seine Mutter und Schwestern nicht zu einem skrupellosen Mitglied ihres Clans formen ließ, dreht sich alles um sein Überleben in den dunklen Höhlensystemen, die er seit seiner Flucht ohne den Schutz seiner Familie durchwandert. Als Begleitung dient ihm nur der magische Panther Guenhwyvar, den (oder besser gesagt: die) er im 1. Band aus dem Bann ihres Schöpfers befreien konnte. Im Laufe der Geschichte erlangt er die Freundschaft des Zwergen, dem er im 1. Band das Leben gerettet hat. Während ihrer Reise gelangen sie in die Fänge eines merkwürdigen Volkes, das anderen ihren Willen aufdrücken und sie zugrunde richten kann – eine erstaunliche Analogie zum 1. Band der neuen Conan-Serie, die etwa zeitgleich erschien. Dummerweise tut dieser Vergleich der Dunkelelfengeschichte nicht gut. Während bei Conan das Verhalten des fremden Volkes hinterfragt wird, dient es hier nur als Aufhänger für eine Schlachtplatte und offenbart die doch recht oberflächliche Handlung des 2. Bandes.
Für die ordentlichen Zeichnungen zeichnet sich, wie auch schon im 1. Band, komplett Tim Seeley verantwortlich, was sehr lobenswert ist. Die Panini-Aufmachung ist, wie eigentlich immer bei den Trades, sehr gut. Insgesamt also solide Unterhaltung für Rollenspielfans; wer es von der Handlung etwas solider haben und trotzdem beim Fantasy-Genre bleiben möchte, sollte den o.a. Conan-Band, ebenfalls von Panini, ausprobieren. fp
 

 

DIE KLEINEN MUTTERFICKER 5: LIFE @ ST. QUENTIN
mufi5Zwerchfell
Die kleinen Mutterficker, liebevoll Mufis abgekürzt, wurden von den Dinter-Brüdern Stefan, Matthias und Jan für die Zeitschrift YAM! entwickelt und laufen dort als Stripserie unter dem Namen „Hangin' out“. Nach zwei Jahren Pause ist nun endlich der 5. Band mit dem Gangster-Wannabes Kevin, Heiko und Dennis aus Stuttgart-Heslach (“weiße Mittelstandkids aus'm Ghetto, was für'n Witz…“ – wer kann sich noch dran erinnern?) erschienen, und zwar mit einer durchgehenden Geschichte. Die drei Jungs wurden beim (versuchten) Besprühen einer Wand erwischt und sind nun stolz wie Oskar, gangstamäßig in den Knast zu wandern. Dummerweise geht's aber nur für drei Wochen auf den Jugendhof Sankt Quentin, so ganz ohne Handschellen, dafür mit eigenem Sozialarbeiter. Eine Schande. Aufregend wird's dann doch noch, als sich das scheinbar harmlose Personal als fiese Bootlegger herausstellt, die sämtliche Hippeldihopp-Musik zerstören könnten. Zum Glück sind die Ischen Impossible, eine real existierende Combo, auf Benefiztour durch die schwäbischen Jugendbesserungsanstalten. Gemeinsam versuchen sie, die Bösewichter zu stoppen… In einer zweiten, kürzeren Geschichte erfahren wir, wie Lilith (eigentlich Geli), die Goth-Schwester von Heiko, unterdessen versucht, mit ein paar Freunden dunklen Geschöpfen ihren kleinen Bruder zu befreien (damit sie ihn, wie bereits ausgemacht, zur Walpurgisnacht opfern können). Natürlich klappt das auch alles nicht wirklich wie geplant.
Es gibt wohl kaum eine Veröffentlichung, die derart extrem und treffend Jugendkulturen karikiert; sei es in ihrer Sprache (“Dein Plan saugt tiefe Kehle!“), ihren Wertevorstellungen oder ihrem Mitläufertum. Aufgrund ihre völligen Abstrusität wirkt die Knast-Geschichte mitunter etwas zäh, was aber ausgeglichen wird durch die scheins unendliche Vielfalt an kleinen Gags und Insiderwitzen, die es in fast jedem Panel zu entdecken gilt. Liliths Part ist da schon etwas zügiger unterwegs (Messieurs Dintères et Monsieur Clavél, welche wunderbare Aquarellzeichnungen Ihr da zwischengeschoben habt!). Wie auch schon bei Der Kosmopolit gibt es noch eine CD, natürlich von Ischen Impossible (drei Stücke, davon zwei exklusiv, sowie ein Video) dazu. Die CD würde übrigens falsch bedruckt mit „not to be sold seperately“, was korrekt „separately“ heißen müsste. Selbstironisch wurde diese Tatsache dann direkt in dem Neudruck (der zusätzlich Liliths Geschichte enthält) verwurstet. Daumen hoch! Aber, Jungs, dann müsstet Ihr das nächste Mal auch noch Euer „writed, drawed,… by the Dinter Bros“ und „who also done drawed the poster thing“ mit reinnehmen – ich alter Streber, ich.
Ein insgesamt sehr liebevoll gemachter Comic, bei dem einem der Spaß, den die Jungs beim Zusammenstellen hatten, auf jeder Seite entgegenkommt und in dem man auch beim dritten Durchblättern noch neue, und vor allem gute, Seitenhiebe entdeckt! fp

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TOMB RAIDER: THE GREATEST TREASURE OF ALL
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Ich gebe zu, von diesem Comic habe ich nicht viel erwartet. Allerdings hat mich das Heft in meiner Erwartungshaltung getäuscht. Wenn ich an frühere Tomb-Raider-Comics denke, dann hatten die ein einfaches Handlungsschema: Lara Croft will ein bestimmtes Artefakt haben und muss dafür bestimmte Situation ertragen, bei der zufällig die Kleidung zerreißt/nass wird/verschwindet. Fazit aus diesen abenteuerlichen Erlebnissen war, dass man erkannt hatte, dass Lara wohl einen hohen Verschleiß an Kleidung haben musste und in einem Softporno auch gut aufgehoben wäre. Jetzt bin ich also doch noch zu einem Kritikpunkt gekommen. Aber als ich am Kiosk dieses Tomb-Raider-Heft aufschlug, wurden meine Augen ziemlich groß, denn ich hatte gedacht, dies sei ein Fotoroman. In einem Splashpanel springt mich ein geifernder Tiger an, zusammen mit Lara, die ein Messer in meine Richtung hält und die klare Botschaft verlauten lässt: „Töte!“ Für dieses Riesenbild brauchte ich nicht mal eine 3-D-Brille, denn es war so realistisch, dass ich zu Anfang wirklich zusammengezuckt bin. Und hier fiel meine Kaufentscheidung.
Das Schöne ist, dass dieser Realismus den ganzen Comic durch weiterverfolgt wird. Jedes Panel wirkt wie ein gemaltes Bild. Man könnte bemängeln, dass gerade dieser realistische Stil das Tempo des Comics herunterschraubt, aber dem Zeichner ist die Balance zwischen realistischer Präzision und Bild-Erzählung gut gelungen. Ganz ohne die typische Lara-Croft-Oberweite und die üblichen Posereien kommt zwar dieses Werk auch nicht aus, aber hier fallen diese Szenen nicht zu sehr ins Gewicht, weil die Zeichnungen so detailliert und realistisch sind.
Die Story ist zwar eine typische Lara-sucht-Schatz-Handlung, weiß aber durch verschiedene Zeitebenen und eine schöne Erzählstruktur zu überzeugen. So sind zahlreiche Flashbacks gelungen eingesetzt. Die Geschichte ist trotzdem relativ simpel, hat aber eine sehr überraschende und witzige Wendung. Auch witzig ist der Assistent von Lara, der sich immer wieder darum bemüht, Laras Herz zu erobern, aber meist zurückgewiesen wird. Einen Augenschmaus und Unterhaltung für zwischendurch bietet dieses Heft auf jeden Fall. Pluspunkte gibt es für das Zusatzmaterial, dem Making Of des Comics, indem gut gezeigt wird, wie der Zeichner Joe Jusko bei diesem Comic vorgegangen ist. Alles in allem lohnt sich die Investition in diesen Band, der mal eine angenehme Abwechslung ist zu den vorherigen Tomb-Raiderheften. P.S.: Ja, ich habe mir den Band ganz anders vorgestellt. br

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MARVEL EXKLUSIV 62: DAREDEVIL – BLACK WIDOW marvel-exklusiv62
Panini

Ein schön düsteres Cover mit einer etwas aufreizenden Black Widow glänzt mir entgegen und ich greife zu. Marvel Exklusiv widmet sich schon länger dem Mann ohne Furcht und zurecht: Was da passiert, ist ziemlich spannend. Matt Murdock, blinder Anwalt, ist nachts ein rotgehörnter Superheld, der in Hell's Kitchen superheldentypische Dinge erledigt. Seit längerem nicht mehr ganz: Daredevil hat den Kingpin besiegt und übernimmt das Viertel. Und seine Geheimidentität ist aufgeflogen. Matt Murdock hat alle Hände damit voll zu tun, sein Viertel zu regieren und seine zwei Identitäten klar voneinander abzutrennen. Die Schwarze Witwe hat ein paar kleinere Probleme, sie soll einfach nur einen Einsatz abbrechen. Sie merkt aber, dass an diesem Einsatzabbruch durch Nick Fury was faul ist, und versteckt sich bei Matt Murdock. Im Zentrum dieses Comics stehen viele Dinge: Alte Liebe, Beziehungen, Politik, Geheimidentitäten, Macht und vieles mehr, welche sich sich aber nicht im Weg stehen, sondern von Brian Michael Bendis gut eingebaut werden.  Der Comic ist sehr düster gehalten, die Farben von Matt Holingsworth und der Strich von Alex Maleev ergänzen sich hervorragend. Durch die vielen Schatten taucht man leicht in die dunkle Welt von Hell's Kitchen ein. Einzig die Wortlastigkeit in manchen Panels stört ein wenig den Lesefluss, diese aber werden wiederum durch längere stille Actionsequenzen wieder aufgefangen, in denen die Spannung im Vordergrund steht. Die weiteren Geschichten im Band drehen sich hauptsächlich um die Veränderung in Daredevils Leben. Von den Bildern herausragend ist die Geschichte aus der Sicht von Spider-Man, in der sehr realistisch gemalte Zeichnungen den Gedankenmonolog des Spinnenhelden untermalen. Desweiteren trifft Matt auf Captain America, Dr. Strange und den Punisher. Letztere Begegnung schwächelt ein wenig, weil sie einfach nur dazu dient, dass beide sich kurz mal bekämpfen.
Alles in allem lohnt sich aber der Kauf dieses Marvel Exklusivbandes, denn die Geschichten um die neuesten Ereignisse in Hell's Kitchen sind sowohl realistisch geschrieben als auch gezeichnet. Ein „Who is Who“ der beiden Hauptfiguren und die Coversammlung runden das Bild eines mit Liebe gemachten Comics ab. Kaufen! br

DER ZAUBERER VON OZ
zauberer_ozEhapa Comic Collection
Die Geschichte an sich mag wohl fast jeder kennen, diese neue Comicadaption des Klassikers „Der Zauberer von Oz“ ist jedoch neu. Bezaubernd wirkt das Märchen um die kleine Dorothy im wundersamen fremden Land auch hier erneut. Mit Hilfe der Kreativen David Chauvel und Enrique Fernandez gelang es, Dorothys abenteuerliche Suche nach dem weisen Zauberer beeindruckend in Comicform zu inszenieren. In optischer Hinsicht wirken Fernandez' Zeichnungen zwar zuerst zu überspitzt, vor allem was die Proportionen der Figuren anbelangt, schlussendlich ziehen sie jedoch, ganz märchen-like, den Leser in den Bann. Die Kolorierung ist 1a gelungen und passt sich hervorragend der mit sonderbaren Wesen bevölkerten Welt an. Anfangs war ich ja zugegebenermaßen skeptisch, was das Kleinbandformat der Ehapa-Ausgabe angeht. Wird die expressive Geschichte der französisch-spanischen Kombo damit nicht zu komprimiert dargestellt? Eigentlich nicht. Was bei Ehapas „Grimms Märchen „ funktionierte, klappt auch hier. Das Format unterstützt vielmehr sogar noch die kindlich-malerische Atmosphäre des Bandes. bv

 

 

MISTER I
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Ein Phänomen, dieser Trondheim. Auf 48 Seiten lässt er sein kleines, strichförmiges Figürchen (Mister I) in klitzekleinen Panels 48 mal durch abstruse und/oder sich immer wieder kehrende zufällige Situationen voll gegen die sprichwörtliche Wand laufen. Mister I hat nämlich in vorderster Front erstmal eins: Hunger. Demnach ziehen ihn sorglos aufs Fensterbrett gestellte Kuchen magisch an oder er versucht Fische, Vögel oder Beeren zu ergaunern. Doch Trondheim, sein geistiger Vater, lässt das Pech an seinen Schuhen nur so kleben, weshalb auch noch so jeder spontane Plan des Mister I ihn letztlich doch nur in eine verfängliche Lage bringt. Nach Mister O (auch bei Reprodukt erschienen) liegt Trondheim also endlich die Geschichten seines Pendants vor. So simpel die völlig aufs Minimum reduzierten Zeichnungen auch erscheinen, so unfassbar viel Ausdruck lässt Trondheim doch mit einfließen. Und obwohl man am Ende jeder einzelnen Seite bereits weiß, was passiert und die Variation somit einzig und allein im „Wie?“ liegt, musste ich mal wieder so viel schmunzeln. wie das eigentlich nur beim Franzosen der Fall sein kann. Ein genial minimalistisches Werk. bv

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SAMURAI: HEAVEN & EARTH (US)samurai_he
Dark Horse

Mein erster Gedanke bei diesem Comic war: Ron Marz schreibt Comics? Also: Eigene Comics? Irgendwie hatte ich den Mann immer nur als einen dieser Superheldenautoren auf dem Radar, die solide Auftragsarbeiten erledigen, aber sonst wenig tun. Ein bisschen wie Chuck Dixon oder Dan Jurgens. Ein kompetenter, aber unauffälliger Autor. Samurai unterstreicht dieses Gefühl. Wer sich für Samurai und den fernen Osten oder Musketiere und das absolutistische Frankreich des 17. Jahrhunderts interessiert, der kann dieser Geschichte über einen Samurai, der seine entführte Geliebte sucht, mal angucken. Wer sich für Samurai und den fernen Osten oder Musketiere und das absolutistische Frankreich des 17. Jahrhunderts interessiert, aber sich Samurai nicht anguckt, der verpasst allerdings auch nicht wirklich viel. Luke Ross Zeichnungen sind zwar sehr nett, um Orte wie das frühneuzeitliche Frankreich, Japan oder China sehr hübsch in Szene zu setzen, aber wenn es gilt, die Dramatik eines Schwertkampfes einzufangen, wirken sie übermäßig hölzern. Alles in allem ein kompetenter, aber in jeder Hinsicht unspektakulärer Comic. bw

OLDBOY 1 (US)
oldboy1Dark Horse
Der erste Band von Oldboy (auf dem der gleichnamige koreanische Film basiert) ist eine klassische Einleitung. Die Figuren werden in Stellung gebracht, Ereignisse werden angedeutet und die Hintergrundgeschichte (ein Mann wird zehn Jahre seines Lebens in einem kleinen Raum eingesperrt und versucht nun herauszufinden, wer ihm das warum angetan hat) wird in groben Zügen skizziert, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Wirklich dramatische Ereignisse finden noch nicht statt. So weit wie Einleitungen allerdings gehen, macht Oldboy seine Sache allerdings ziemlich gut. Die Geschichte hat bisher einen netten Fluss, die Grundprämisse ist spannend und der Zeichenstil ist sauber und detailliert. Besonders gefallen hat mir dabei der Umstand, dass Kleinigkeiten, die sonst zwischen zwei Panels geschehen würden (z.B. Schuhe werden vor die Tür gestellt) oder einzelne Details der Umgebung (ein Heizstrahler, eine Blume), mit eigenen Panels bedacht werden. Das ist eine sehr dezente Art um daran zu erinnern, dass der Protagonist zum ersten Mal seit 10 Jahren außerhalb des engen Raums ist und darum jedes noch so kleine Detail für ihn Relevanz gewinnt. Seinen Job als Einleitung, nämlich mich dazu zu motivieren auch den nächsten Band zu kaufen, erfüllt Oldboy voll und ganz. bw

DAMN NATION (US)damn_nation
Dark Horse

Damn Nation ist wie einer dieser Zombiefilme, die offiziell keine „richtigen“ Zombiefilme sein wollen. So wie 28 Days Later. Was ein ziemlich guter Vergleich ist, da die Zombies, die hier die USA überlaufen haben, auch das Tageslicht fürchten. Da diese Idee aber schon in 28 Days Later nicht sonderlich neu war (man vergleiche das zum Beispiel mit The Omega Man), möchte ich hier Autor Andrew Cosby keinen direkten Ideendiebstahl unterstellen. Und, ähnlich wie 28 Days Later, bedient sich Damn Nation freigiebig bei dem, was das Genre so hergibt, ohne wirlich Neues hinzuzufügen. Die Story, die Charaktere, der Ablauf der Ereignisse: Das alles hat man so oder so ähnlich schon mal gesehen. Gerade bei den Protagonisten würde man sich dabei sogar wünschen, dass sich Cosby mehr Zeit nehmen würde, um sie uns zu präsentieren. Die Hauptfigur ist halbwegs ausgearbeitet, drei weitere Personen sind erkennbare Archetypen, die restlichen Menschen zwischen den Zombiehorden bleiben leere Flächen. Was es extrem schwierig macht, diesen Leuten gegenüber Mitgefühl zu entwickeln, wenn es mit ihnen ein schreckliches Ende nimmt.
That being said: Damn Nation mag kein sonderlich kreativer Zombiecomic sein, aber das, was er tut, macht er gut. Die größte Stärke ist dabei eindeutig J. Alexanders (u.a. Queen & Country: Operation Blackwall) Artwork. Sein abendliches Miami mit dem rot-orangen Himmel sieht schon ungeheuer apokalyptisch aus, bevor die Zombiepest einsetzt; und auch nach deren Beginn schafft es Alexander immer wieder, sehr hübsche Panels einzubauen, die die USA als gottverlassenes Ödland zeigen. Nur am Ende hatte ich einmal das Problem, dass ich nicht erkannte, dass eine Figur als Zombie zurückgekehrt war. Das merkte ich erst, als die Hauptperson dem Zombie ein „This time, you stay dead“, zurief … Bei der Story merkt man zwar, dass sie aus unzähligen anderen Horror- und Science-Fiction-Geschichten zusammengesetzt ist, angenehm lesen lässt sie sich aber trotzdem. Einfach weil sich diese Art von Geschichte inzwischen bewährt hat. Ein typischer Fall von „besser gut geklaut als schlecht selbst gemacht“. Damn Nation stellt ganz bestimmt keine Revolution im Zombie-Bereich dar, aber wer eine kurze und äußerst stimmungsvolle Genregeschichte sucht, der kann ohne zu zögern zugreifen. Womit wir dann schon wieder einen Vergleich mit 28 Days Later hätten. bw

Bildquellen:comiccombo.de, zwerchfell.de, ehapa-comic-collection.de, darkhorse.com