Der Kri-Ticker

Der Kri-Ticker #52

Diesmal mit dabei: Asterix #33: Gallien in Gefahr, Kiss Kiss Bang Bang #1, Sin City 3: Das grosse Sterben, Wha… Huh?, Yakitate Japan! #1, Horrorschocker #7, Marvel Exklusiv 56: Marvel Knights – 4, Felsfest Open Air, Lobo: Infantizid und Horst #14.
Besprochen von Benjamin Vogt (bv) und Thomas Kögel (tk).

ASTERIX #33: GALLIEN IN GEFAHR
Ehapa Comic Collection
Zitat Albert Uderzo: „Dieser Band könnte mein letzter sein, aber ich will, dass er alle umhaut“ — Mission accomplished, Monsieur. Wenn es Uderzos Ziel war, die Asterix-Fans nach den schwachen bis mittelmäßigen Alben der letzten Jahre mit dem neuen Band vollends zu verstören, dann ist ihm das gelungen. Wer hätte ernsthaft erwartet, dass das gallische Dorf im neuen Abenteuer tatsächlich von Außerirdischen und Superhelden heimgesucht wird? Während die Leserschaft nun zwischen Wut und Verzweiflung schwankt, reibt sich Uderzo zuhause vermutlich die Hände, freut sich darüber, alle überrascht zu haben und bestellt den nächsten Ferrari für seine Sammlung.
Man muss den neuen Band wirklich nicht mögen – dazu ist die Story mit ihren plumpen Anspielungen auf Disneyfiguren, Manga und Science Fiction viel zu banal (und eigentlich schon 10 Seiten vor Schluß beendet). Aber dass Uderzo, dieser alte Herr, den Mut (oder den Wahnsinn?) besitzt, so mit seinem Lebenswerk umzuspringen, auf alle Erwartungshaltungen zu pfeifen und das Ding so durchzuziehen, wie er’s für richtig hält, dafür gebührt ihm wirklich Respekt. tk

KISS KISS BANG BANG #1
CrossGen Comics Deutschland
Zugegeben, im CrossGen-Universum, wo fast alle Serien mal mehr, mal weniger miteinander verbunden sind, ist es nicht leicht, als Neuleser einzusteigen. Zumal das Projekt CrossGen auch in Deutschland kurz vor dem Abschluss steht. „Kiss Kiss Bang Bang“ ist jedoch inhaltlich absolut unabhängig, somit kann die Miniserie auch ohne Vorwissen gelesen werden. Die erste von zwei Prestigeausgaben macht auf jeden Fall schon mal so viel Laune, dass ich die actionreiche und spitzfindige britische Agentenserie nur jedem wärmstens ans Herz legen kann. Tony Bedards explosive Geschichte um den legendären Charles Basildon (ein Typ, zehn mal cooler als James Bond) und seine neue Partnerin hat alle wichtigen Elemente eines kurzweiligen Comicvergnügens: Spannung, kluge Dialoge und ein abgedrehter Bösewicht. Und nicht zu vergessen die sehr schönen Zeichnungen von Mike Perkins, die zwar im CrossGen-typischen Stil bleiben, aber ähnlich wie Greg Lands Bilder bei „Sojourn“ aus dem Durchschnitt herausragen. Da kann auch jeder Nicht-CrossGenleser zugreifen. bv

SIN CITY 3: DAS GROSSE STERBEN
CrossCult
Der Titel hält, was er verspricht. Aber zuviel von der Handlung möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, denn mittlerweile gibt es meiner Meinung nach entscheidende Spoiler an jeder Ecke vorab zu lesen, vor allem seit in den Medien intensiv über den Kinofilm berichtet wird. Und ich bin froh, dass ich die Comicvorlage vorab lesen konnte, um mir nicht die Überraschung beim jeweiligen Aufschlagen der nächsten Seite nehmen zu lassen. Dafür ist die Episode mit Dwight und den Prostituierten von Sin City zu gut und zu gewichtig. Ein lange währendes Abkommen wird gebrochen, viel Blut fließt und Dwight ist aus irgendeinem Grund mittendrin.
Auch wenn viele der auftretenden Charaktere in „Das große Sterben“ bereits in Band 2 wichtige Personen waren, so liegt der Unterschied zu „Eine Braut, für die man mordet“ in der von Frank Miller nun noch weiter gesteigerten Brutalität. Genau wie sein Kumpel Marv ging Dwight McCarthy wegen einer Frau auf Rachefeldzug, aber nun erwartet Sin Citys dunkle Gassen ein ganz neuer Konflikt. Ein Krieg bricht aus, das große Sterben beginnt. Perfekt inszeniert von Miller, der auch hier wieder exakt die richtigen Fäden für eine spannende Story zieht. Nur das Ende, also der Showdown, den hätte ich mir noch ein wenig länger gewünscht und nicht so abrupt. Aber was macht das schon groß aus bei einem insgesamt erstklassigen dritten Band (vielleicht dem besten bisher?) der deutschen HC-Reihe, der auch noch ein paar ergänzende Galeriebilder von namhaften Künstlern wie Mike Allred, Joe Kubert oder Mike Mignola enthält. bv

WHA… HUH? (US-Ausgabe)
Marvel Comics
Was wäre, wenn… Marvels Autorenriege ihr eigenes MAD-Magazin machen dürfte? So ähnlich muss man sich das Konzept dieses One-Shots vorstellen, der eigentlich parallel zu den „What if“-Ausgaben im Dezember 2004 erscheinen sollte, aber erst jetzt auf den Markt kam. Brian Michael Bendis, Mark Millar und Kollegen veralbern hier hemmungslos das Marvel-Universum, die Comicbranche und nicht zuletzt sich selbst. Dabei stellen sie so interessante Fragen wie „Was wäre, wenn alle Avengers Bärte hätten?“ oder „Was wäre, wenn die Identity Crisis im Marvel-Universum stattgefunden hätte“? Die Antworten sind kleine One-Panel-Gags oder Kurzcomics zwischen einer und vier Seiten Länge und schwanken zwischen überhaupt-nicht-komisch und tatsächlich-ziemlich-witzig. Den Vogel schießt Brian K. Vaughan ab, wenn er fragt: „Was wäre, wenn Galactus eine Lebensmittelvergiftung bekäme?“
Mit der Wahl von Jim Mahfood als Zeichner für diesen Nonsens hat Marvel das richtige Händchen gehabt: sein Stil passt perfekt, zudem würzt er auch die laueren Gags noch dadurch, dass er viele kleine witzige Details in seinen Zeichnungen unterbringt.
Um wirklich Spaß an „Wha… Huh?“ zu haben, sollte man ein bisschen über das Marvel-Universum und auch über die Geschehnisse im Comic-Business Bescheid wissen, denn ein Großteil des Hefts ist extrem Insider-lastig geworden. Wer diese Voraussetzungen mitbringt und nicht gerade den feinsinnigsten Humor erwartet, wird sich hier gut amüsieren. tk

YAKITATE JAPAN! #1
Egmont Manga & Anime
Ein Manga übers Brotbacken – darauf muss man erst mal kommen. Aber in Japan ist schließlich alles möglich und so verfolgen wir in dieser Serie den Jungen Azuma, der das ultimative Ja-Pan (Pan=Brot) backen und seine reisverliebten Landsleute zum Brot bekehren will. Azuma hat großes Talent und bringt die erstaunlichsten Backkreationen zustande. Er verfügt nämlich über die besondere Gabe, dass seine Hände besonders warm sind (sog. „Solar-Hände“) und so beim Kneten den Teig zu einem echten Super-Teig machen.
Aus diesem Setting macht Takashi Hashiguchi einen actionreichen Manga, bei dem jede Menge altbekannte Strickmuster angewandt werden. Natürlich strebt Azuma auf die beste Bäckerschule Japans und muss dort erst mal eine Aufnahmeprüfung im K.O.-System bestehen. In diesem Rahmen kann dann eine der bewährten Turniergeschichten erzählt werden, in der es gemeine Prüfer, hinterhältige Rivalen, fiese Tricks und natürlich ein hübsches Mädchen gibt.
Neben einigen Comedy-Einlagen wird „Yakitate Japan“ auch noch durch lehrbuchhafte Ausführungen zum Thema Brotbacken bereichert. Man soll ja schließlich auch was lernen. Letzten Endes handelt es sich hier trotz der ungewöhnlichen Idee um einen recht konventionellen Manga – eher ein schnell verschlungener Sandwich als ein sättigendes Vollkornbrot. tk

HORRORSCHOCKER #7
Weissblech Comics
Meistens besteht Weissblechs Horroranthologie aus Kurzgeschichten von bis zu 10 Seiten Länge. Diesmal gönnen sich Autor Levin Kurio und Zeichner Rainer F. Engel etwas mehr Platz: in „Blutige Sümpfe“ erzählen sie von einem FBI-Agenten, der in den sumpfigen Südstaaten eine mysteriöse Mordserie aufklären soll. Die Story fühlt sich sehr nostalgisch an und atmet den Geist der alten EC-Horrorcomics. Da verzeihe ich auch gerne den Naziwissenschaftler als Bösewicht. Aber musste es denn wirklich sein, dass die Auflösung in Wort und Bild auf dem Cover herausgebrüllt wird?
Eine ganz andere, modernere Stimmung verbreiten Yann Krehl und Michael Vogt (INKplosion) mit ihrer Geschichte „Quarantäne“, die in einer Welt spielt, in der die Mehrheit der Menschheit von einer Seuche dahingerafft wurden. Hier braucht man keine Monster, um Horror zu verbreiten — der Schrecken für einen Überlebenden auf der Suche nach Nahrung geht von zwei Mit-Überlebenden aus, die ihn nicht besonders gut behandeln… tk
–> beim Freibeutershop bestellen


MARVEL EXKLUSIV 56: MARVEL KNIGHTS – 4

Panini/Marvel Deutschland
Um Verwechslungen gleich vorzubeugen: „4“ ist keine Nummerierung, sondern der Titel der gleichnamigen US-Serie, deren erste sieben Hefte hier versammelt werden. Denn, man kann es fast erraten, es handelt sich um Geschichten der Fantastischen Vier in der Marvel-Knights-Variante, also bei einem Label, das den altbekannten Helden einen neuen Anstrich verleiht oder ihnen zumindest neue Aspekte abgewinnen kann. Und das schafft „4“ von Autor Roberto Aguirre-Sacasa und Zeichner Steve McNiven ohne Zweifel. Die beiden erschufen eine ganz ruhige Erzählung über Marvels First Family, in der es tatsächlich mehr um den Zusammenhalt des Teams und die privaten Problemchen geht. Der Fokus wird also bei den Fantastischen Vier mal endlich wieder nicht auf Reisen in die Negativzone oder Kloppereien mit Dr. Doom gelegt. Und das liest sich dann auch tatsächlich ganz flüssig und weiß zu gefallen (außerdem sind McNivens Striche sehr fein und detailreich).
Trotzdem muss ich diesem Exklusiv-Band ein gemischtes Urteil ausstellen. Erstens: So interessant es auch zu beobachten ist, wie Ben, Reed, Johnny und Susan mit der plötzlichen Existenzangst umgehen (Geld weg, Haus weg) und sich als Superhelden ganz normale Jobs suchen müssen, so halte ich dieses Szenario doch für arg übertrieben. Eine einzige Erfindung des als genial deklarierten Mister Fantastic würde doch wohl mehr als genug für den Lebensunterhalt einbringen, so möchte man annehmen. Und zweitens ist die darauf folgende Geschichte „In der Wildnis“ schon wieder ein kleiner Rückfall in actionlastigere Zeiten. Aber abgesehen von diesen beiden Kritikpunkten weist diese neue Serie bislang immer wieder neue geniale Momente auf und wirkt insgesamt mehr als nur gut. bv

FELSFEST OPEN AIR
Schwarzer Turm
Miguel Fernandez erzählt die Geschichte vom schüchternen Jungen, der zusehen muss, wie seine Sandkastenfreundin an einen schmierigen Typen gerät, und sich trotzdem aufrafft, ihr Herz zu erobern. Das hatten wir schon in ca. 370 Hollywoodfilmen, TV-Serien und Teenie-Romanen. Plotmäßig gibt es hier also wirklich nichts neues. Origineller ist da schon das Setting, denn der Großteil der Geschichte spielt auf einem Rockfestival. Hier werden zwar auch wieder alle gängigen Klischees durchdekliniert, aber das geschieht auf sehr witzige und sympathische Weise.
Fernandez zeichnet in einem netten Semifunny-Stil, der mich, ähem, an das Sparkassenheftchen „Knax“ erinnert (sorry, das ist nicht so negativ gemeint, wie’s vielleicht klingt). Störend wirkt für mich – neben der arg klischeehaften Handlung – die Verflechtung von Realität und Fiktion. Es passt nicht recht zusammen, wenn zwischen Apocalyptica und Marylin Manson die erfundene Band … auf die Bühne tritt und fürchterliche Songtexte zum Besten gibt. Trotzdem: „Felsfest“ macht Spaß. Der Comic will unterhalten und das gelingt ihm auch. Vor allem jene, die öfter mal ein Festival besuchen, kommen hier auf ihre Kosten. Wie wär’s mit einem Schwarzer-Turm-Stand beim nächsten Rock am Ring oder Roskilde? tk


LOBO: INFANTIZID
Panini/DC Comics
Ich liebe Lobo, seinen derben Humor, seine extreme Gewaltbereitschaft und die bisweilen unrealistischen Geschichten, mit denen der letzte Czarnianer konfrontiert wird. Aber ich glaube, am meisten mag ich Lobo wohl für seine lässige Einstellung: Saufen, ficken, fräggen. Ich mein, der galaktische Kopfgeldjäger killt ja nun wirklich alles und jeden auf teils bestialische Weise, auch wenn ihn nur jemand schief anguckt. Naja, manchmal auch ohne das, nur so zum Spaß eben. Auch seinen eigenen Heimatplaneten hat er komplett entvölkert. Aber belangt wird er für seine Taten nie, und auch wenn, würde er sich einen Dreck darum scheren. Das macht Lobo so cool und für mich persönlich auf komische Weise zum Kult.
Besonders extrem und abartig werden Lobos Erlebnisse, wenn die alten Hasen Keith Giffen und Alan Grant zusammen am Ruder sitzen. So wie in „Infantizid“, einer Miniserie, in der Lobo mit der angeblichen Einberufung zum Militärdienst in eine Falle gelockt werden soll. Denn was der Präsi nicht weiß: dahinter steckt eine Gruppe seiner Nachkommen, die er irgendwann mal auf seinen Touren achtlos gezeugt hat. Und die wollen jetzt mit allen Mitteln Papis Tod herbeiführen.
Nicht nur der Inhalt ist tatsächlich so verrückt wie er sich anhört, auch die Gewaltszenen werden zum Ende hin immer absurder und durch diverse Gimmicks von Giffen immer weiter gesteigert. Nichts für zart besaitete, aber natürlich absolut nicht unlustig. So wie ich Lobo liebe. bv

HORST #14
Schwarzer Turm
Unter einer falschen Überschrift („Schöne Zeiten mit Dottie“ gab’s doch bereits im letzten Heft!) erzählt Horst diesmal wieder von der Zeit, als er als Wrestlingmoderator Horst Brack im Fernsehen auftrat und gelegentlich auch mal selbst in den Ring stieg. Horsts Eskapaden als frauenjagender Schwerenöter treten hier zugunsten kleiner amüsanter Anekdoten in den Hintergrund. Damit wir nicht ganz auf nackte Tatsachen verzichten müssen, hat Robi ein Benefiz-Fußballspiel „Herren gegen Damen“ mit anschließender Gemeinschaftsdusche eingebaut. Naja, sowas gehört in dieser Serie wohl dazu.
Außerdem enthält das Heft den dritten Teil von „Der Rückfall“, in dem Horst seine Odyssee durchs Rotlichtmilieu fortsetzt.
Solide geschrieben, astrein gezeichnet – eigentlich gibt es wenig zu meckern an „Horst“. Wer leichte Unterhaltung mit erotischem Touch sucht, wird hier bestens bedient. Dass es bei mir trotzdem nicht so recht Klick macht, liegt vermutlich am Humor, der meistens knapp an meiner Wellenlänge vorbeischrammt.  tk