Der Kri-Ticker

Der Kri-Ticker #51

Diesmal mit dabei: Horrorschocker #6, Bone: One Volume Edition, Dream Police, Die 2,333. Dimension, American Elf – The Sketchbook Diaries, Usagi Yojimbo #14, The Goon: Heaps of Ruination, SOS Comics, Spawn #65, She-Hulk Vol. 2: Superhuman Law, Das Geheime Dreieck #7, und We3.
Besprochen von Frauke Pfeiffer (fp), Björn Wederhake (bw), Benjamin Vogt (bv) und Thomas Kögel (tk).

HORRORSCHOCKER #6
Weissblech Comics
Weissblechs Horrorschocker gehen in Runde 6. Josef Rother (Text) und Eckart Breitschuh (Zeichnungen) steuern diesmal eine (für mich auch die interessanteste) der drei Stories bei, während die beiden anderen in diesem Heft von Herausgeber Levin Kurio gezeichnet und von ihm selbst bzw. von Peter Schaaff geschrieben wurden. Die sehr kurzen und leider fast zu schnell zu lesenden Episoden sind keine überragend anspruchsvollen Comicwerke, aber sie bieten neues Futter für Horrorfans, die die aus Basteis „Gespenster Geschichten“ bekannte Handlungskehrtwendung mit abschließendem Schockeffekt und die eventuelle Schlussmoral schätzen gelernt haben. Und gerade Rothers und Breitschuhs „Mutterliebe“ ist amüsant skurill und überspitzt. Für 3,90 € bekommt man das Genre sicherlich nicht neu erfunden, dafür eine gewollt typische Bedienung desselbigen. Gut zu sehen, dass sich ein Kleinverlag wie Kurios Weissblech Comics eines so speziellen Programms einheimischer Künstlern erfreuen darf und kann. bv
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BONE: ONE VOLUME EDITION (US-Ausgabe)
Cartoon Books

Eigentlich mag ich Fantasy ja nicht. Natürlich, ich habe „Herr der Ringe“ gelesen, die Filme gesehen und „Baldur’s Gate II“ gespielt, aber da hört es auch schon auf. Schwerter und Zauberei, Helden und Drachen, Könige und finstere Mächte sind eigentlich nicht mein Metier. Um so mehr muss ich Jeff Smith für das loben, was er hier geschaffen hat. Denn all das, was ich eben aufgezählt habe, lässt sich in „Bone“ finden.
Was zunächst aussieht wie ein Funny Book mit lustigen Tieren und knubbelnasigen Figuren, entwickelt sich schnell zu ausgewachsener High Fantasy. Dabei verliert Smith allerdings nie den Blick für das, was er tut. Sicher, er bringt altbekannte Plots ein und es kommt zu Massenschlachten, aber das Kernstück dieses Comics bleiben immer die drei Bone-Cousins, die herrlich charakterisiert und wahnsinnig liebenswert sind. So wie eigentlich alle Figuren in diesem Comic. Jeff Smith hat hier einen Comic mit viel Herz und einer großen Prise Humor geschaffen, eine Welt, in die man sich – auch wegen der detaillierten Zeichnungen – richtig schön hineinverlieben kann und eine Geschichte, von der man eigentlich gar nicht möchte, dass sie zuende geht, weil sie so bewegend und rührend (aber dabei nie kitschig) ist. Wenn man dann noch bedenkt, dass die Einzelcomics, die über Jahre hinweg erschienen sind, am Stück gelesen wirklich wie ein geschlossener Roman wirken, dann weiß man, wieso „Bone“ derartig viel Lob eingeheimst hat. Smith erfindet hier das Fantasy-Rad nicht neu, aber wenn alle Fantasy so sympathisch und augenzwinkernd präsentiert würde, dann wäre ich dem Genre sicher weniger abgeneigt.
Mit der „One Volume Edition“ erhält man zudem genug Lesestoff für sein Geld, um mindestens eine Woche versorgt zu sein. Der einzige Kritikpunkt ist, dass man dünnes Papier gewählt hat, damit der Wälzer nicht noch dicker wird als er ohnehin schon ist, was leider dazu führt, dass die Schwarzflächen manchmal auf der nächsten Seite durchscheinen. Könnte also sein, dass die Farbversion hier die bessere Alternative ist. Aber insgesamt bleibt trotzdem festzuhalten: So sollten richtig gute Comics aussehen. bw

DREAM POLICE (US-Ausgabe)
Icon / Marvel Comics
Auch in der „Dreamscape“, dem Zwischenreich, in dem sich unsere Träume abspielen, gibt es eine Polizei, die dafür sorgt, dass dort alles in geordneten Bahnen abläuft. Das ist das Konzept von „Dream Police“. Wir begleiten zwei Traumpolizisten bei ein paar ihrer Einsätze; da träumt z.B. eine Nonne von wilden Sexorgien und ein kleiner Junge träumt – leider viel zu lebhaft – von einem entlaufenen Riesendrachen. Es sind nicht mehr als zwei, drei interessante Ideen und genau eine (halbwegs) witzige Pointe, die Joe Michael Straczynski ausreichen, um daraus 34 Comicseiten zu stricken. Dabei werden einzelne Episoden aneinandergereiht, ohne dass eine durchgehende Handlung erzählt wird. Auch die Figuren – sowohl die Cops als auch die Träumer – bleiben sehr blass; für den Leser gibt es kaum einen Grund, sich ernsthaft für deren Schicksal zu interessieren.
„Dream Police“ ist nicht unbedingt ein richtig mieser Comic, sondern einfach nur uninteressant, banal, langweilig, egal. Dem Zeichner Mike Deodato ist dabei kein Vorwurf zu machen, er bringt die düstere Traumwelt kompetent und überzeugend (wenn auch nicht sehr originell) aufs Papier. Einen Minuspunkt gibt es allerdings für das Cover: eine lieblose Collage von zusammengestückelten Einzelbildern aus dem Comic. Alles in allem kann man sich die 3,99 Dollar für diesen One-Shot bedenkenlos sparen, ohne viel zu verpassen. tk

DIE 2,333. DIMENSION
Reprodukt
Julius Corentin Acquefacques lebt eigentlich in einer 3D-Welt. Während einer Lebensrauminspektion, bei der seine Träume kontrolliert werden, fällt Julius jedoch während eines solchen vom Abhang einer Dimensionsebene und reißt dabei einen der drei wichtigen Fluchtpunkte der dreidimensionalen Realität mit sich. Aus seinem Traum erwacht, findet er sich in einer flachen, zweidimensionalen Welt wieder.
Marc-Antoine Mathieu, Zeichner und Autor der etwas eigenwilligen Serie um den „Gefangenen der Träume“, nimmt sich diesmal des Themas Perspektiven an und jongliert damit. Wer die zuvor erschienenden Bände aus der Reihe kennt, weiß, mit welchen Mitteln er seinen Protagonisten zum Spielball seiner eigenen Welt macht und welchen Einfallsreichtum er hierbei immer wieder beweißt. Mathieu versteht das Medium Comic offenbar und weiß es sehr wohl witzig und clever zu zerpflücken. Jedes neue Album bietet eine andere innovative Idee und lässt den Leser phantasievoll teilhaben. Die 2,333. Dimension ist übrigens der Ort zwischen der zweiten und dritten Dimension. Dorthin wird Julius Acquefacques geschickt um sein Missgeschick auszubügeln. Da wo all die anderen Comics anfangen zu existieren, die verworfenen und nie veröffentlichten Comicseiten landen und das Gerümpel der vorherigen Panels lagert, darf der Leser dann auch die dem Band beiliegende 3D-Brille aufsetzen, um noch mehr in die Thematik hinabzutauchen. Eine Geschichte um Perspektive und dimensionale Träume. Ein weiterer erfrischend kluger und amüsanter Comic von Mathieu. bv


AMERICAN ELF – THE SKETCHBOOK DIARIES
(US-Ausgabe)
Fantagraphics
Ich weiss, es ist eine Grundregel, dass man nichts kritisieren sollte, das man nicht zu Ende gelesen, gesehen oder gespielt hat. Eigentlich halte ich mich daran und darum möchte ich der Fairness halber vorneweg betonen: Ich habe „American Elf“ nicht bis zum Ende durchgelesen. Ich habe es versucht – ich habe es wirklich versucht – aber ich konnte einfach nach relativ kurzer Zeit nicht mehr. Angeblich fängt James Kochalka hier das Wunderbare im Belanglosen ein und verdeutlicht uns die Magie in den kleinen Details, die wir im täglichen Leben übersehen. Aber muss man das über 300 Seiten hinweg machen? Tagebücher sind natürlich immer egozentrisch, aber die meisten sagen zumindest etwas über den Menschen aus, der sie schreibt. Das hier kommt mir einfach nur belanglos vor und die Magie, die Kochalka hier angeblich darstellt, empfinde ich als pure Langeweile.
Manchmal, in den Strips um den 11. September 2001 oder um die Schwangerschaft seiner Freundin, kommt dabei auch sowas wie Emotion rüber, zum großen Teil erscheint mir dieses Auge für die Details aber einfach nur gekünstelt und ganz gezielt eingesetzt. Ich für meinen Teil habe das Gefühl, dass Kochalka sehr genau weiß, welche Fäden er in seinen Tagebucheinträgen ziehen muss, um niedlich, harmlos und unschuldig zu wirken.
Wie gesagt, ich habe es nicht geschafft, „American Elf“ am Stück durchzulesen, aber die Passagen in die ich reingeschaut habe, haben mich alle nach kürzester Zeit gelangweilt oder genervt. Oh, hihi, mir ist Zahnpasta auf den Penis gefallen und es kribbelt; oh, hihi, meine Katze kommt aus dem Regen und stinkt nach nassem Fell… wenn das alltägliche Magie und große Comickunst sein soll, dann passe ich dankend und investiere die 30 Dollar, die ich für diesen selbstgefälligen Humbug ausgegeben habe, in Zukunft doch lieber in ein „Marshal Law“-, „Walking Dead“- oder „The Goon“-Paperback. bw
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USAGI YOJIMBO #14
Schwarzer Turm
Den Schwerpunkt in diesem Band bildet eine längere Geschichte, in der eine Gruppe bekannter Gaststars auftritt. Hase Usagi hilft einem kleinen Dorf im Kampf gegen eine finstere Ninja-Truppe. Und da man Ninjas am besten mit Ninjas bekämpft, werden in einem magischen Beschwörungsritual vier kleine Schildkröten in die Teenage Mutant Ninja Turtles verwandelt.
Diese Geschichte mit dem Titel „Ein bisschen Grün“ verläuft recht schematisch und ohne größere Überraschungen. Im Vergleich mit anderen Usagi-Stories ist sie nicht gerade ein Highlight, vermeidet aber auch die Albernheiten und hirnlosen Endloskämpfe, die man beim Stichwort „Crossover“ fast schon automatisch befürchtet. Richtig poetisch wird es dagegen in der wunderbaren Kurzgeschichte „Jizo“, die von einer unscheinbaren kleinen Statue am Wegesrand erzählt.
Zum Abschluss gibt es die erste Hälfte von „Shi“, und hier muss man die unglückliche Aufteilung des Bandes etwas bedauern: er endet mit einem Mords-Cliffhanger, der Rest der Story erscheint erst in Band 15 und das wird eine Weile dauern. Schade, denn gerade diese Episode hat alles, was Stan Sakais Serie auszeichnet: die richtige Mischung aus Action und ruhigen Szenen, feinsinnigen Humor, interessante Charaktere und tolle Zeichnungen. tk

THE GOON: HEAPS OF RUINATION (US-Ausgabe)
Dark Horse
Es wird mir ja fast schon unheimlich „The Goon“ immer so über den grünen Klee zu loben, aber Eric Powell macht es mir auch nicht leicht, Kritikpunkte zu finden. Also in aller Kürze: Massige Action? Jawoll. Emotionale Momente? Check. Weitere Puzzleteile, die aus dem Goon mehr als einen simplen Haudruff machen? Vorhanden. Zeichnungen, die Action und Emotion gleichermaßen rüberbringen? Sind da. Komplett bizarre Ideen? Genug, um damit alle DC-Serien, die nicht von Grant Morrison geschrieben werden, zu füllen. Dazu kommt in diesem Band ein Crossover mit Mike Mignolas Hellboy, das zeigt, wie sowas gemacht werden sollte, denn selbst der große rote Monsterklopper hat ernsthafte Probleme, sich in der verdrehten Welt des Goons zurecht zu finden. Wenn dann noch Goons Kumpel Frankie darauf besteht, Hellboy konstant als „Rosie“ anzureden und der Dialog „The  Communist Airborne Mollusk Militia!“ – „Damn them!“ fällt, ist Stimmung in der Bude. Wer sich über einen Mangel an Humor in seinen Comics beschwert und „The Goon“ nicht liest, der ist selber Schuld. Nach diesem Band bin ich inzwischen sogar der Meinung, dass Eric Powell doch alle Eisners verdient, die er für seine Serie bekommen wird. bw
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SOS COMICS – Wir helfen!
Millus Entertainment
Ein wenig aufdringlich wirkt der plakative Titel dieser Comicsammlung für mich. Fast mit der Brechstange wird dabei auf einen, und der sei hier nicht verschwiegen, noblen Zweck der Aktion hingewiesen: der Erlös geht an die Opfer der Tsunami-Katastrophe. Miguel Riveros („Dunkles Kind“) vereint in Eigenregie gut ein Dutzend interessanter Künstler (die sich auch selber finanziell an der Umsetzung dieses Bandes beteiligt haben), wobei mir die Auswahl der abgedruckten Comics recht beliebig zusammengewürfelt erscheint.
Angefangen bei einer nachdenklichen Erzählung von Riveros selbst, bei der Emotionen über die aufs Minimum reduzierten Zeichnungen gut transportiert werden, über lustige One-Pager von Bettina Kumpe bis hin zu einem Manga der Luxemburgerin Sonia Gleis. Auch positiv hervorzuheben: Die Superheldenparodie „Spider-Maus vs. Galkaktus“ von Laska und die Auswahl an Strips von Magenbitter (dessen Webcomic „Paul“ hier bei Comicgate erscheint). Die Stilrichtungen in „SOS Comics“ driften also weit auseinander.
Schade nur, dass das Zusammenspiel der einzelnen Beiträge überhaupt nicht funktioniert, ein Konzept, eine übergeordnete Thematik oder wenigstens eine minimale Gemeinsamkeit nicht zu erkennen ist. Ebenso besitzt der Band keinerlei Bezug zu Südostasien. Es wird nur äußerst knapp auf den Hintergrund eingegangen, was dort passiert ist und inwieweit man durch den Erwerb dieses Comics wo genau helfen kann oder sollte. Schade.
Insgesamt muss man sagen, dass die Qualität der vertretenen Künstler bzw. deren Arbeiten im Durchschnitt ganz okay ist, die Kollektion im 104 Seiten starken Sammelband aber recht lieblos zusammengeschustert wirkt. Trotz oder gerade wegen der guten Sache hätte ich mir eine etwas rundere Sammlung gewünscht. bv
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SPAWN #65

Infinity
Nach einer monatelangen Zwangspause wegen rechtlicher Probleme Todd McFarlanes in den USA ist Infinitys Zugpferd endlich wieder da – und zumindest bis Ende des Jahres sogar jeden zweiten Monat. Es ist natürlich etwas schwer, wieder reinzukommen, aber es passiert einiges in diesem Band. Das Wichtigste: Twitch findet mit Hilfe von Spawn, der mal so richtig zeigen kann, was er für ein Mannskerl ist, seinen Sohn wieder. Die Umstände sind allerdings ziemlich widrig, was auch zu dem Cliffhanger dieser Ausgabe führt.
Mir manchmal etwas zu unproportioniert, so ist Angel Medina doch einer der Zeichner, die ihre Figuren beeindruckend individuell hinbekommen und auch noch in manche Panels schöne Details einbringen. Die gewohnt gute Infinity-Aufmachung sowie eine Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse (die allerdings aufgrund ihrer Kürze nur was für Leute ist, die die Serie bis kurz vor Schluss mitverfolgt haben) und zwei Seiten Leserbriefe runden das ganze Paket ab.
Kann man nicht meckern drüber, die Fans werden zufrieden sein. fp


SHE-HULK VOL. 2: SUPERHUMAN LAW (US-Ausgabe)
shehulk_tpb_2_supelaw.jpgMarvel Comics
Schade, aber Dan Slott schafft es mit dem zweiten „She-Hulk“-Band nicht, meine Begeisterung für die ersten sechs Ausgaben aufrecht zu erhalten. Der Comic bleibt weiterhin amüsant und selbstbewusst, aber er er geht für meinen Geschmack zu sehr von der selbstironischen Haltung zum Marvel-Universum weg und nähert sich ein bisschen zu sehr den normalen Superheldencomics an.
Nicht dass wir uns da falsch verstehen, das macht „She-Hulk“ keineswegs zu einem schlechten Comic, aber irgendwie haben mir die Juristenstories in Band 1 doch mehr gegeben als die zwei prügellastigen Storylines in „Superhuman Law“. Trotzdem kann man Slott nicht vorwerfen, dass er seinen Sinn für Humor verloren habe, da sind noch genug Anspielungen auf das aktuelle Comicgeschehen, der Humor ist nur spärlicher dosiert als bisher. Bonuspunkte gibt es für den sehr kurzen Gastauftritt von Howard the Duck, der George Lucas verklagt, weil der fette Schmierfink ihm eine Filmtrilogie und Prequels versprochen habe. Sehr gut gelungen sind auch die Seitenhiebe auf „Avengers: Disassembled“ und den erneuten Trend zu „düsteren und erwachsenen“ Comics.
Was ich Dan Slott auf jeden Fall zu Gute halten muss, ist, dass er es versteht, einen Charakter zu schreiben: She-Hulk, die ich bisher nur durch das byrn’sche Cheesecake-Futter kannte und die mir bisher im besten Falle egal war, ist mir unter Slotts Federführung richtig ans Herz gewachsen. Ein sympathischer Charakter mit Stärken und Schwächen, für den ich mich tatsächlich interessiere, was in Superheldencomics längst nicht mehr der Regelfall ist. „Superhuman Law“ ist ein guter Superheldencomic, der Spaß macht, er ist aber für meinen Geschmack etwas zu „normal“. Ich hoffe darum auch, dass Slott in der (sehr amüsant angekündigten) „zweiten Staffel“ etwas von dieser Art von Geschichten abrückt und wieder die Gerichtssäle des Marvel-Universums in den Mittelpunkt stellt. bw
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DAS GEHEIME DREIECK #7
geheimedreieck7.jpgEgmont Ehapa
Lange ist es her, seit ich die erste Nummer der von vornherein auf sieben Bände angelegten Comicserie in den Händen hielt. Und genau diese Länge machte sich zwischendurch bemerkbar, die Geschichte wirkte hin und wieder zu gestreckt und langatmig. Dabei ist das Konzept an sich äußerst interessant und die Spannung um die Auflösung der vielfältigen Geheimnisse ist auch nicht von der Hand zu weisen, doch wirkte die Handlung an manchen Stellen zu überladen und einige Rätsel erweisen sich am Ende als unnötige Storyelemente. „Das Geheime Dreieck“ behandelt die Frage, was zu der Zeit um Jesu Tod und Auferstehung wirklich geschah, ob dieser einen verborgenen Bruder hatte und welche Beziehung er zu der Gemeinde der Freimaurer hatte. Rückblickend kommen in der Gegenwart dabei immer weitere Puzzlestücke zum Vorschein, was der Vatikan natürlich verhindern will.
Der Schluss in Band 7 kommt sehr abrupt und genau zu dem Zeitpunkt, als das größte Geheimnis im Begriff ist, gelüftet zu werden. Zuerst ist man etwas enttäuscht, nachdem man so lange mitgefiebert hat und dann so ein vermeintliches schwaches Ende zu lesen bekommt. Es folgt jedoch noch einmal ein letzter Zeitsprung in die Zeit Jesu, bei dem Unglaubliches zum Vorschein kommt. Der Abschluss, so unkonventionell und unerwartet wie er ist, versöhnt dann schließlich doch irgendwie und macht den 7-Teiler zu einer wirklich lohnenswerten Serie. Nur etwas kürzer, dafür weniger verwirrend hätte ich sie mir gewünscht. bv
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WE3 (US-Ausgabe)
DC / Vertigo
Eine Katze, ein Hund und ein Kaninchen, die von der US-Army in einem Geheimexperiment zu extrem hochgerüsteten Tötungsmaschinen umgebaut wurden, kommen aus ihrem Hochsicherheitstrakt frei. Wehe, wenn sie losgelassen… Beim Versuch, die drei gefährlichen „Animal Weapons“ wieder einzufangen, hat die Armee einen hohen Blutzoll zu entrichten.
Aus dieser an sich recht simplen und nicht allzu innovativen Grundidee macht Grant Morrison einen erstklassigen Comic. Er erzählt vorwiegend aus der Perspektive der drei Tiere, die in einer vereinfachten Technosprache miteinander kommunizieren und sich selbst eben „We3“ nennen.
Dabei schafft er das Kunststück, dass der Leser sich mit diesen geschundenen und von Menschen missbrauchten Kreaturen identifiziert und mit ihnen mitfühlt, obwohl sie auf ihrem Weg in die Freiheit ein wahres Gemetzel veranstalten. Ein Action-Comic, der gleichzeitig einfühlsam und äußerst gewalttätig ist – eine absolute Rarität.
Aber erst durch die Zeichnungen von Frank Quitely wird „We3“ zu einem ganz besonderen Highlight. Er schöpft die visuellen Möglichkeiten des Mediums voll und ganz aus: sehr kleinteilige Seiten mit dutzenden von Panels, ineinander verschachtelte Bilder, großartige Splashpages. Das Spektrum reicht von der großen Totalen bis zum extremen Close-Up, von der blutigen Splatterszene bis zu herzzerreißend traurig blickenden Hundeaugen.
Unterm Strich haben Morrison und Quitely mit „We3“ einen Comic geschaffen, der sowohl erzählerisch als auch grafisch auf der ganzen Linie überzeugt. Zart besaiteten Menschen ist das Werk allerdings nicht zu empfehlen, denn in Sachen expliziter Gewaltdarstellung ist es nicht gerade zurückhaltend. tk
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