Frank Miller’s Sin City: A Dame to Kill For
USA 2014
Regie: Robert Rodriguez, Frank Miller
Hauptdarsteller: Mickey Rourke (Marv), Jessica Alba (Nancy), Josh Brolin (Dwight), Joseph Gordon-Levitt (Johnny), Rosario Dawson (Gail), Bruce Willis (Hartigan), Eva Green (Ava), Powers Boothe (Senator Roark), Dennis Haysbert (Manute), Ray Liotta (Joey), Christopher Lloyd (Kroenig)
Neun Jahre ist es her, dass die Verfilmung von Frank Millers Sin City-Comics in die Kinos kam. Der Film, den Regisseur Robert Rodriguez gemeinsam mit Miller inszenierte, trug mit dazu bei, dass Comicverfilmungen populär wurden und dass Hollywood ganz gierig auf Comicstoffe wurde. So radikal wie vorher wohl noch keiner übersetzte Rodriguez die Ästhetik der Comicvorlage auf die Leinwand: möglichst eins zu eins, so nah am Original wie nur möglich, als wäre der Comic ein Storyboard.
Das funktionierte wirklich gut. Sin City zeigte visuell etwas, was man vorher noch nicht gesehen hatte und transportierte die Wucht von Frank Millers grob geschnitzter Noir-Hommage kongenial ins Medium Film. Sowohl beim Publikum als auch bei den Kritikern kam er gut an, er lief seinerzeit sogar im Wettbewerb des Filmfestivals von Cannes, wo er den Technikpreis „Prix Vulcain“ erhielt.
Trotz des Erfolges dauerte es recht lange, bis ein weiterer Film fertig wurde. Sin City 2: A Dame to Kill For ist gleichzeitig sowohl Sequel als auch Prequel zum ersten Film, denn wie schon im ersten Teil besteht er aus verschiedenen ineinandergewobenen Kurzgeschichten, die zeitlich mal vor und mal nach den Ereignissen aus dem 2005er-Film spielen. Größter Unterschied zu diesem ist die Tatsache, dass der neue Film in 3D gedreht wurde, ansonsten bleiben sich Miller und Rodriguez sehr treu. In Sachen Look and Feel knüpft A Dame to Kill For nahtlos an den Vorgänger an, auch sind wieder etliche Schauspieler aus dem ersten Teil mit dabei (u.a. Mickey Rourke, Rosario Dawson und Bruce Willis).
Anders als damals stammt diesmal ein Teil der Story nicht direkt aus den Comics: Nur die titelgebende Miniserie aus den Jahren 1993/94 (deutscher Titel: „Eine Braut, für die man mordet“) sowie die Kurzgeschichte „Just Another Saturday Night“ von 1997 liegen als Comic vor, zwei weitere Plots schrieb Frank Miller eigens für den Film. Die eine dreht sich um die den Zuschauern bereits bekannte Stripperin Nancy (Jessica Alba), in der anderen legt sich der junge Zocker Johnny (Joseph-Gordon-Levitt) mit dem ebenso mächtigen wie fiesen Senator Roark (Powers Boothe) an.
Im Grunde liefert der neue Sin City-Film genau das Gleiche, was schon der erste geliefert hat: Geschichten voller Sex und Gewalt aus einer unwirklich-künstlichen, aber sehr faszinierenden Noir-Welt, inspiriert von klassischen Hardboiled-Erzählungen und -Filmen, in harten Schwarz-Weiß-Kontrasten, die nur gelegentlich mit gezielten Farbtupfern versehen werden. Wer Sin City kennt, weiß also ziemlich genau, was er in A Dame to Kill For bekommt. Man mag das als Vorteil sehen, aber letztlich gereicht es dem Film zum Nachteil: Man wird nicht mehr überrascht, kommt nicht mehr ins Staunen über diese Mischung aus Schmuddel und Glamour. Man kennt das alles schon. Und hat deshalb umso mehr Gelegenheit, zu erkennen, wie platt das alles eigentlich ist. Obwohl das Sequel knapp 20 Minuten kürzer ist als der Vorgänger, fühlt es sich länger an, denn schon bald setzt ein deutlicher Ermüdungeffekt ein.
Die immergleichen Erzählerstimmen aus dem Off, die allzu bekannten Szenerien von regennassen Straßen, überfüllten Stripclubs und schäbigen Hinterzimmern sind ebenso altbekannt wie die exzessive Gewalt und die Klischees und Stereotypen der Figuren. Hier sind die Bösen nicht einfach nur böse, sondern maximal verkommene Drecksäcke, die Polizei ist durch und durch korrupt und Eva Green als die titelgebende Dame, für die man tötet, ist nicht bloß schöne Femme Fatale, sondern pure Sexgöttin. Dieses Übersteigern ist natürlich das Prinzip von Sin City und geschieht mit voller Absicht, doch scheint es diesmal noch eine Spur mehr ins Groteske überhöht, so dass es des öfteren nur noch peinlich wirkt. (Und über das hier transportierte Frauen- und Männerbild denken wir lieber nicht allzu genau nach.)
Was Sin City 2 fehlt, ist eine originelle Weiterentwicklung, ein Überraschungsmoment, irgendetwas Unerwartetes. Der 3D-Effekt kann diesen Mehrwert nicht leisten, er ist wie so oft im modernen Kino bestenfalls überflüssig. Hier ist es eher so, dass das 3D dem Bemühen schadet, der Comicvorlage so nahe wie möglich zu kommen, denn diese setzt in ihren extremen, holzschnittartigen Schwarz-Weiß-Kontrasten ganz bewusst auf eine zweidimensionale, sehr flächige Darstellung. Auch dramaturgisch finden Miller und Rodriguez keinen interessanten Weg, die Einzelepisoden zu verknüpfen. Diese plätschern recht beliebig neben- und hintereinander her, meilenweit entfernt von den cleveren Episoden-Verschränkungen eines Robert Altman oder Quentin Tarantino. Vielleicht wäre es schlauer gewesen, sich auf eine Geschichte zu beschränken und diese mit einem Hauch von Inspiration oder Erzählfreude zu präsentieren.
Ja, die Kinoversion von Sin City sieht immer noch einzigartig aus und hat zumindest visuell ihren Reiz, aber ansonsten ist dieses Sequel in allen Belangen enttäuschend. Was vor neun Jahren neu und aufregend war, wirkt heute teilweise sogar unfreiwillig komisch. Auf weitere Fortsetzungen wird man getrost verzichten können.
Wertung:
Zurück in Basin City gibt es ganz viel „more of the same“, aber so gut wie nichts Neues.
Abbildungen: © Sony Pictures Releasing