Rezensionen

Travis 2 + 3

 Im Oktober letzten Jahres erschien der erste Band dieser vorzüglichen Near-Future-SF-Serie, und mittlerweile ist schon der dritte Band erhältlich. Schön, dass es mit Travis so flott voran geht, denn wer wartet schon gern auf Folgebände, nachdem er einmal von einem überzeugenden Serienstart angefixt ist? Und angefixt konnte man von „Huracan“, dem ersten Band der Reihe, aus guten Gründen sein, wie ich versucht habe in meiner Rezension darzulegen.

Im zweiten Band, „Operation Minotaurus“, unternimmt Travis den Versuch, sich von den Vorwürfen reinzuwaschen, die wegen der Zerstörung der Raumstation Huracan gegen ihn erhoben werden. Dazu begibt er sich an den Amazonas, denn hierhin hat Vlad, den Schurken aus dem ersten Band, sein nächster Auftrag geführt. Vlad ist der einzige, der Travis' Unschuld bezeugen kann.

Vlads Auftrag sieht folgendermaßen aus: Der Konzern Transgenic startet eine Rakete, die eine speziell entwickelte Pflanze auf den Jupitermond Europa transportieren soll, um diesen kolonisierbar zu machen und auszubeuten. Vlads Komplize Pacman allerdings hackt sich in die Systeme, und die Rakete wird kurz nach ihrem Abschuss zerstört. Die Kapsel mit den Pflanzen und den beiden Astronautinnen landet im Dschungel und soll von Vlad geborgen werden. Doch da taucht Travis in einer monströsen Exo-Rüstung auf, um sich den Terroristen zu schnappen. Pacman lässt seinen Chef im Stich und haut mit der Pflanze ab. Travis rettet die Pilotinnen und hält Vlad gefangen.

Währenddessen bekommt Anna, die immer noch für den Konzern Baxter & Martin arbeitet, heraus, wer den Anschlag auf Huracan in Auftrag gegeben hat, und wer versucht, das Terraforming-Projekt zu sabotieren. Doch unmittelbar nach dieser Erkenntnis, muss sie feststellen, wie ungesund dieses Wissen ist, denn sie wird umgehend kaltgestellt …

Nach einigen weiteren Enthüllungen und Geplänkeln werden Travis und Vlad vom Militär gestellt, das den Terroristen in Gewahrsam nimmt.

Dieser zweite Band fällt gegenüber dem ersten enorm ab. Das hat mehrere Gründe. Zum einen fehlt ihm ein überzeugendes Ende, die Handlung steuert weder auf einen Showdown noch auf einen reizvollen Cliffhanger zu. Das heißt nicht, dass man am Ende nicht gern die Fortsetzung lesen möchte, aber es ist so, wie wenn man mitten im Satz eine Pause machen muss, die Geschichte hört halt irgendwann auf und geht im nächsten Band weiter. Aufgrund dessen — und da sind wir bei der zweiten Schwäche — bietet der Band kaum mehr als eine allmähliche Vorbereitung des nächsten Konfliktes. Die üblen Machenschaften der Konzerne, die Positionierung und Charakterisierung der Figuren, die allmählichen Enthüllungen, all das ist sauber und spannend gemacht, aber man hat leider das Gefühl, dass es erst im Folgeband richtig losgehen wird und dass man nur eine Exposition vor sich hat.

Am meisten enttäuscht die Grafik. Nachdem man im ersten Band mit wunderbar gediegenem frankobelgischen Bilderschmaus verköstigt worden ist, muss man sich hier mit Mittelmaß begnügen. Die Farben von Schelle & Rosa sind zwar wieder superb, aber bei den Zeichnungen wissen nur die wenigen Szenen zu überzeugen, die in Konzernräumen oder Raumstationen spielen. Die Dschungelszenen und vor allem die Actionsequenzen mit Travis' Exo-Rüstung sind krakelig und verballern aufgrund von Einfalls- und Perspektivelosigkeit ziellose Bewegung und Dynamik, die keinen Fokus hat und nur wirres Kuddelmuddel rüberbringt.

 Im dritten Band, „Die Ikarus-Regression“, sind wir grafisch dafür wieder auf der Höhe, und auch die Handlung zieht, was Dramatik und Spannung angeht, wieder an. Als publik wird, wer für den Anschlag auf Huracan verantwortlich ist, schlagen weltweit die Wellen hoch, und die beiden großen Konzerne Transgenic und Baxter & Martin stehen kurz vor einem Krieg, der sämtliche Nationen in Mitleidenschaft zu ziehen droht.

Gerade als neue Enthüllungen die Lage wieder entspannen, befreit sich Vlad aus den Klauen Dario Fulcis, des Transgenic-Chefs, und flieht mit ihm als Geißel. Auch Travis läuft ihm über den Weg und landet ebenfalls in seiner Gewalt. Doch Vlads Nanoimplatate geben allmählich den Geist auf und müssen ersetzt werden. Vlad, Travis und Fulci müssen einen prekären Dreieckshandel abschließen, um heil aus ihren Dilemmas wieder rauszukommen.

Auch wenn in Band 3 mehr passiert als im zweiten, könnte es gerne noch ein bisschen mehr sein, die Konflikte könnten sich noch mehr verdichten. Stattdessen wird sehr viel geredet, erklärt und verhandelt. So kommt der exzellente Plot nicht ganz auf das Tempo, das er erreichen könnte. Thematisch drängen sich Vergleiche zu Golden City von Pecquer und Duval auf, Vergleiche, die deutlich machen, welches Quäntchen an erzählerischem „Thrill“ Travis noch fehlen.

Besonders schade ist, dass Vlads geheimnisvoller Auftraggeber über eine ganze Doppelseite zu Wort kommt und ausführlich erklärt, dass er und seine Pläne trotz unvorhergesehener Ereignisse nicht erschüttert werden können. Er hat alles im Griff — aber das muss er weder uns noch seinem mickrigen Handlanger sagen. Lass Taten sprechen statt vieler Worte!

Trotz all der Kritikpunkte bleibt Travis eine vergnügliche und äußerst interessante Serie, denn auch ihre Meriten sollen nicht verschwiegen werden: Da ist zum einen der wohltuend dosierte Einsatz von Science-Fiction-Elementen Marke Cyberpunk. Sowohl, was Technik — Vernetzung, virtual reality, Raumfahrt, Gentechnik, Nanotechnologie und Implantate — angeht, als auch die politischen Komponenten wie Globalisierung, Umweltzerstörung, Konzerngebaren etc. Zum anderen sind da ein paar schöne erzählerische Einfälle. Auf einer Doppelseite zappt sich Travis durch die Fernsehkanäle, von einer Nachrichtensendung zu nächsten. Der Leser erfährt dabei nicht nur, wie der Konflikt der Konzerne fortschreitet, und wie die Menschen darauf reagieren, sondern auch, wie die Vorgänge von verschiedenen Nationen oder Gruppen bewertet oder gar propagandistisch ausgeschlachtet werden. Am Ende landet Travis in dem Spielfilm Zwei glorreiche Halunken — wenn mich da mein Erinnerungsvermögen nicht trügt –, und hört Clint Eastwood sagen: „Die Menschheit teilt sich in zwei Gruppen: Diejenigen, die eine geladene Pistole haben, und diejenigen, die graben, und du, du gräbst!“ Zugegeben keine sehr subtile Anspielung auf die Verteilung von Macht in einer globalisierten Welt, aber erfreulich.

Schön umgesetzt ist auch die Szene, wo Pacman in einem Onlinecomputerspiel in einem geheimen Raum auf Vlad trifft. Während die beiden konspirieren, geht das Spiel um Feuer speiende Dinosaurier und Panzer weiter. Nicht vergessen: Der Comic erschien im Original schon im Jahr 2000. Da war das noch ein Tick mehr SF.

Insgesamt bleibt die Serie empfehlenswert, auch wenn sie manchmal Abstecher ins Behäbige oder Unspektakuläre macht. Oder anders ausgedrückt: Die auftretenden Schwächen und Schönheitsfehler machen den bunten SF-Thriller umso liebenswerter. Und: Da die Handlungsfäden noch lange nicht aufgelöst sind, lässt sich nicht gut urteilen. Vielleicht kommt im nächsten Band der große Knaller, der den Kreis zum rundum gelungenen ersten Band schließt?


Travis 2: Operation Minotaurus
Bunte Dimensionen, Januar 2007
Text: Fred Duval
Zeichnungen: Christophe Quet
Farben: Pierre Schelle & Stéphane Rosa
48 Seiten, farbig; Hardcover; 13,- Euro
ISBN: 978-3-938698-52-5

Etwas enttäuschende Fortführung eines starken ersten Bandes

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Travis 3: Die Ikarus-Regression
Bunte Dimensionen, Mai 2007
Text: Fred Duval
Zeichnungen: Christophe Quet
Farben: Pierre Schelle & Stéphane Rosa
48 Seiten, farbig; Hardcover; 13,- Euro
ISBN: 978-3-938698-53-2

Wieder mehr Spannung, bessere Bilder

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