In Band 4 – Die Rache des Einarmigen – wird der in Band 3 begonnene Zyklus fortgesetzt, dessen Ende dann in Band 5 („Die Beute der Wölfinnen“) folgen soll. Der Bouncer will die Tragödie um seine Geliebte Noemie aufklären. Dazu wird er anfangs des Bandes in einen blutigen Kampf um eine Ranch verwickelt. Drahtzieher dieses Überfalls ist der Großgrundbesitzer Clark Cooper, dem schon fast ganz Barro-City gehört (siehe Band 3). Jetzt will er sich mit seinen Revolvermännern eine weitere Ranch einverleiben. 17 kaltblütige Männer kämpfen gegen zwei Alte, eine Witwe und einen Knaben. Doch halt! Da gibt es noch unseren behinderten, tragischen Helden: den einarmigen Bouncer, der geschickter ist als eine ganze Armee von skrupellosen Gangstern. Der Leser ahnt schon, dass die Gangster-Truppe keine Chance hat. Auf den ersten zwanzig Seiten des Albums wird ein beeindruckendes actionreiches Feuergefecht zwischen den Parteien geschildert, das durch sein spektakulären und auch blutigen Szenen eine fantastische Atmosphäre schafft. Dazu trägt insbesondere auch die Kolorierung bei, die diesmal von Sébastien Gérard und Francois Boucq stammt. Beeindruckend fand ich besonders auch die farbliche Darstellung der im Kampf um die Ranch entstehenden Flammenhölle.
Nach der Schlacht um die Ranch könnte es zum eigentlichen Showdown zwischen Bouncer und dem Bösewicht kommen. Doch Jodorowsky entführt den Leser, wie bereits mit den ersten beiden Bänden, wieder in die Vergangenheit von unserem Helden. Dachte der Leser, er wüsste bereits alles über das zerrüttete Familienleben des Bouncers, so wird ihm hier eine weitere tragische Facette der Familienchronik vorgeführt. Und um allem noch die Krone aufzusetzen, erfährt der Leser, wem Bouncer letztendlich seinen Aushilfsjob als Henker zu verdanken hat.
Mit Bouncer wird das Western-Genre nicht neu erfunden. Viele Versatzstücke sind dem Westernfreund wohl bekannt: der einsame, tragische Held, der mächtige Tycoon, der sich einer ganzen Stadt bemächtigen möchte, seine missratenen Söhne, ein korrupter Sheriff. Aufgegriffen wird z. B. auch das aus Rio Bravo bekannte Phänomen, dass der Held nur Unterstützung von Schwachen erhält und der Gegner mit den versammelten Banditen der gesamten Gegend somit noch überlegener und bedrohlicher wirkt. Waren aber in Rio Bravo nur die Helfer (ein Säufer, ein Alter, ein junges Greenhorn) des Helden gehandicapt, so ist es hier der Held selber, der mit seiner Behinderung ebenso für die Schwachen und Unterdrückten steht. Die Macher haben keine Probleme damit, den Stumpf des Armes deutlich in Szene zu setzen, und das sogar auf dem Cover des Albums selber. Symbolträchtig schließt sich dann auch noch ein dreibeiniger Hund dem Bouncer an. Indianer, Chinesen, Schwarze sind seine weiteren Wegbegleiter. Auch der Inhaber des Inferno Saloons, Lord Diablo, der in Band 3 vorkommt, passt gut ins Bild der vom Leben benachteiligten Menschen. (Makaber ist es schon, wenn jemand, der seine Leiden einem Feuer verdankt, seinen Saloon „Inferno“ und sich selber „Lord Diablo“ nennt). Die Alben werden damit zum großen Plädoyer für alle Unterdrückten, Schwachen, Kranken, Behinderten und Alten.
Obwohl die moralische Keule sehr groß ist, mit der Jodorowsky hier schwingt, glaube ich nicht, dass diese Botschaft überall ankommen wird. Dafür ist das Drama um den Bouncer zu vordergründig und fast schon übertrieben. Für manche Leser könnte die Story auch ein wenig überzogen und unglaubwürdig sein. Manche Wendung in der Story (z. B. im dritten Band: Begegnung von Noemie mit ihrer alten Jugendliebe) ist schon äußerst unwahrscheinlich.
Für Westernfreunde dürfte Bouncer aber trotz allem gute Unterhaltung sein.
Bouncer 4: Die Rache des Einarmigen
Autor: Alexandro Jodorowsky,
Zeichnungen Francoise Boucq
Egmont Ehapa
56 Seiten, farbig, Hardcover
12,- Euro
ISBN 3-7704-2818-8