Der Miniserie Hades-Syndrom aus dem Chemnitzer Kleinverlag TheNextArt merkt man ihre Herkunft aus dem Underground deutlich an. Solcherart Produktionen finden zwar meist nur ein spezielles Publikum – dieses aber weiß, was es will und schätzt derlei Comics umso mehr. Und gerade im Untergrund kann man schließlich so manche Perle finden. Diese Action-Science-Fiction-Serie ist zwar kein Meilenstein, aber dennoch höchst unterhaltsam, auch wenn sie deutlich auf ein enges Zielpublikum zugeschnitten ist.
Nach dem Dritten Weltkrieg verläuft durch Deutschland wieder eine Mauer. Dodo, eine ehemalige Musikerin und Junkie, und der Ex-Soldat Nuke sind zwei Anarchisten. Beide müssen auf die andere Seite der Mauer fliehen, als Nuke einen mit der Mafia verbandelten Freund tötet. Nach einem blutigen Grenzwechsel geraten sie jedoch in einen Hinterhalt. Zudem wartet eine kleine Guerillatruppe nur darauf, dass man ihr beibringt, wie man mit Waffen umgeht. Und das vermeintlich gelobte Land entpuppt sich als ein faschistischer Staat.
Auch wenn hier Deutschland als ein neofaschistischer Staat dargestellt wird und sich Hades-Syndrom somit in die lange Liste der pessimistischen Science-Fiction einreiht, die zukünftige Gesellschaften als totalitäre Überwachungsstaaten konzipiert, wird hier keine groß angelegte Utopie entworfen. Da gibt es zwar so manche sehr gute und fein eingearbeitete Idee, aber insgesamt ergeben sie kein strukturiertes Ganzes und verhehlen auch nicht, dass sie von bekannten Vorläufern inspiriert sind. Da tauchen Mutanten ebenso auf wie Überwachungstechnik im Sinne von 1984, eine Gameshow à la The Running Man, eine totalitäre Gesellschaftsform und Schießereien, wie sie auch ein Quentin Tarantino oder ein Robert Rodriguez hätte inszenieren können.
Die Story ist demnach auch zweitrangig – den Inhalt jedes Heftes könnte man in einem Satz verdichten. Hier geht es um drei Sachen: Action, Blut und Sex. Insofern ist die Serie eher pubertär, was nicht unbedingt abwertend gemeint ist. Das Pubertäre entsteht durch den vorherrschenden rebellischen Grundton; die beiden Helden sträuben sich gegen alle Autorität und wehren sich dagegen schnell mit Waffengewalt. Hier wird schlicht und einfach die Sau raus gelassen und das tut zwischendurch ja mal ganz gut. Eine Independentproduktion kann sich das leisten. Der Sex rutscht manchmal haarscharf an der Pornographie vorbei, wohingegen die Gewalt deutlich in den Splatter abdriftet. Da fliegen die Körperteile und Unbeteiligte werden in zwei Hälften geschossen. Als Soundtrack empfiehlt sich hier ein lautstärkemäßig voll aufgedrehtes Rohr von Punk oder Heavy Metal. Ausgearbeitete Charaktere für feinsinnige Leser sind hier nicht zu finden, aber eben einige schöne Ideen und Action, Action, Action.
Michael Feldman hat seine Serie manchmal bewusst dreckig angelegt, indem er sogar einige Knitterfalten eingezeichnet hat, um so eine flüchtige Hingeworfenheit der Zeichnungen zu suggerieren. Durch den häufigen Einsatz von Bleistiftzeichnungen wird Flüchtigkeit hier geradezu zum Prinzip. Das macht die Action noch dynamischer, als ob sie so schnell wäre, dass man sie kaum noch mit dem Pinsel hätte einfangen können. Das Spiel mit dem Beiläufigen funktioniert: Die Serie will nichts als kurzweiligen Spaß bereiten, um den Leser seine Aggressionen abbauen zu lassen. Mit dem sechsten Heft, das im Oktober 2012 erscheinen soll, ist die Miniserie übrigens abgeschlossen.
Wertung:
Hart und temporeich, dank viel Gewalt und Sex sicher nicht jedermanns Geschmack, aber kurzweilig für Sympathisanten des Undergrounds.
Hades-Syndrom
Heft 1: Grenzgebiet
Heft 2: Infiltration
Heft 3: Hinterhalt
Heft 4: Untergrund
Heft 5: Gegenschlag
TheNextArt Verlag, 2007-2011
Text und Zeichnungen: Michael Feldmann
je 28 Seiten, farbig, Heft
Preis: je 5,00 Euro
Leseprobe
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Abbildungen: © Michael Feldmann/TheNextArt