So ungemein augenbetörend und bildgewaltig wie der Vorgängerband ist auch der zweite Akt von Alex Alices ganz eigenem epischem Gemenge aus Wagners Ring und den unterschiedlichen Siegfried-Sagen. Es donnert, wogt und stürmt dem Leser geradezu von den Seiten entgegen, wenn er Siegfried auf seinem gefahrvollen Weg zum Hort des Drachen Fafnir begleitet und am Schicksal jener titelgebenden Walküre teilnimmt, die sich gegen den Befehl des Göttervaters Odin wendet und in die Geschicke des Recken eingreift.
Ein gelinder Störfaktor dabei sind jedoch die Versuche des Künstlers, das sich entfaltende Drama zuweilen etwas aufzulockern. Die Slapstickeinlagen von Siegfrieds Ziehvater, dem Zwerg (und Muppet-Lookalike) Mime, wollen sich nicht so recht in den Rest einfügen und lösen eher leichtes Befremden aus. Comic relief steht halt nicht jedem Stoff. Aber letztendlich ist dies vollkommen verzeihlich angesichts der dargebotenen optischen Feinkost, welche die Geschichte immer wieder über das konventionelle Runtererzählen hinaus in mythische Dimensionen hebt. Das Aufgehen der zuvor von Odin zurückgehaltenen Sonne, Siegfrieds erhabener Ritt auf dem fliegenden Walkürenross, sein Eindringen in die unterirdische Sphäre der Seherin Völva oder die erfrischend klischeefreie Darstellung der erwachenden Riesen als tobende Elementargewalten – in diesen Bildern mag man sich nur allzu gerne verlieren.
Nur eine Frage bleibt: Warum ist Siegfried – immerhin der germanische (und als Sigurd auch skandinavische) Sagenheld überhaupt und seit jeher fast ausschließlich als blond gelockt dargerstellt – hier dunkelhaarig? Ist das einfach eine Geschmacksfrage in Sachen Haarfarbe oder etwa Alices Versuch, die Figur sichtbar vom ideologischen Nazimissbrauch als „arischer“ Prototyp in der Vergangenheit abzugrenzen?
Siegfried 2: Die Walküre
Splitter, Dezember 2009
72 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 15,80 Euro