Aufmerksamen Beobachtern ist es nicht entgangen: Seit einigen Wochen kommt es vor, dass Comic-Adaptionen auch im Kino zu sehen sind, oft sogar für Geld. Die Comicgate-Redakteure Wederhake und Frisch wollen diese neue Entwicklung nicht länger unkommentiert lassen. Heute gesehen: Man of Steel von Zack Snyder und Asterix & Obelix – Im Auftrag ihrer Majestät von Laurent Tirard.
FRISCH: Gib mir einen Ständer, der hart genug ist, Wederhake, und ich werde dir die Welt aus den Angeln heben. So oder so ähnlich muss sich das Zack Snyder wohl gedacht haben, als er entschied, aus Man of Steel einen Katastrophenporno zu machen – statt Sex gibt’s halt einstürzende Häuser, warum auch nicht. Aber um wirklich in die Gedankenwelt des Regisseurs eintauchen zu können, müssen wir erst seine Herkunft verstehen.
Zack Snyder kam im Alter von zwölf Jahren auf dem Planeten Ytong zur Welt, der kurz davor war, zu zerbersten. Sein Vater Zack-Zack und seine Mutter Zicke-Zack, beide renommierte Wissenschaftler auf dem Gebiet der kalten Fission, hatten immer wieder vorm Zerbersten Ytongs gewarnt, doch die Ytongianer, ein starres und teilnahmsloses Volk, maßen den Kassandrarufen der Zacks nie die gebotene Bedeutung bei. Und so kam es, dass, als Snyder gerade zwölf war, Zack-Zack und Zicke-Zack ihn in ein Raumschiff setzten, welches ihn auf einen weniger starren und teilnahmslosen Planeten bringen sollte. Ytong zerbarst, und Snyder, der staubigen Katastrophe nur knapp entronnen, blieb der einzige Überlebende seiner Art.
Nach einem langen Flug durchs All, auf dem der zwölfjährige Exil-Ytongianer seine Leidenschaft für kalte Leere entdeckte, krachte seine Düsenkrippe in eine kleine Höhle in Ostsibirien. Es war das Zuhause der Schneiders, einer Familie grauer Wölfe preußischer Herkunft (Canis lupus borussia), die sich dort mit ihren fünf Welpen Tirck, Trirck und Trarck niedergelassen hatte. Der Vater, Romulus Schneider, war Zimmermann, seine Frau Renate hatte derweil alle Hände voll mit dem Haushalt zu tun. Es war ein bescheidenes Heim, doch die Schneiders nahmen den Zwölfjährigen auf und kümmerten sich so fürsorglich um ihn, als wäre er ihr eigenes Fleisch und Blut, denn um ihn fressen zu können, war er viel zu spröde. Und weil der Findling von den Sternen ein großes „S“ auf seiner Brust trug, nannten sie ihn – Streich des Schicksals – Zack. So wurde der gestrandete Außerirdische mit den Gepflogenheiten unserer Welt vertraut – aufgezogen von Wölfen, in einer Höhle in Ostsibirien, in der ein kaputtes Raumschiff ohne Lenkrad steckte.
An seinem zwölften Geburtstag fraß Zack aus Langeweile seine fünf Geschwister Tirck, Trirck und Trarck. Sie wollten ihm nicht recht bekommen und er spie ganz fürchterlich an jenem Abend, doch das liebliche Rot ihres warmen Blutes begeisterte ihn auf Anhieb. Als seine Zieheltern aus dem Theater nach Hause kamen – sie hatten sich Peter und der Wolf angesehen – und sich ob der Geschehnisse in ihrer Abwesenheit sehr grämten, fraß Zack auch sie, denn es gefiel ihm nicht, dass sich jemand grämte, wo die Welt doch so voller schöner Farben war. (Jene Ereignisse waren es auch, die später Thomas Hobbes zu seinem gerne zitierten Sinnspruch inspirierten: „Ein Mensch ist der Wolf dem Wolfen, nicht ein Wolf, auch wenn man sich kennt.“)
Nunmehr zwölf Jahre alt, fühlte sich der an bitterer Wolfsmilch gesäugte Troglodyt vom zerborstenen Planeten Ytong endlich bereit, in die Welt der Menschen hinauszugehen. Aus Zack Schneider wurde Zack Snyder, er zog nach Manhattan und ging in die Werbung. Dort feierte er einige Zeit große Erfolge, bis er im Alter von zwölf Jahren die Filme Leni Riefenstahls entdeckte. Der Regisseur Michael Bay – die beiden waren sich auf einer Fortbildung zum Thema kinematischer Brutalismus begegnet – hatte ihm frenetisch von der Berliner Ästhetin vorgeschwärmt, und sofort war auch Zack von den strammen Buben und Madeln aufs Fanatischste ergriffen. Er hatte seine Bestimmung gefunden. Zack ging nach Hollywood und fing an, Filme zu drehen – zutiefst humanistische Werke wie Dawn of the Dead, 300 oder Watchmen, die allesamt von seiner bewegenden Lebensgeschichte künden.
So auch Man of Steel, jenes semi-autobiographische Heldenepos, mit dem der zwölfjährige Ytongianer aus der ostsibirischen Wolfshöhle derzeit die Kinos bespielt. Es ist kein Zufall, dass Clark Kents Mutter zu Beginn des Films sagt: „Wenn dir die Welt zu groß ist, Clark, dann mach sie dir kleiner.“
Die Welt kleiner machen – das kann Zack Snyder, im konkreten wie im übertragenen Sinn. Auch bei Man of Steel entpuppt sich die Zerkleinerung der Welt als durchdringendes Leitmotiv – vor allem, was die philosophischen Fragen angeht, die Snyder seinem Publikum angedeihen lässt.
Was etwa ist Heldentum wert, wenn da neben den Schutt- und Leichenbergen kein verstümmelter, verwaister oder wenigstens bleibend traumatisierter Überlebender steht, der es beklatschen kann? Eine verdrießliche Vorstellung. Superman weiß, dass es eine Verschwendung seiner Großartigkeit wäre, den bösen General Zork ausgerechnet in einem leeren Kornfeld zu verprügeln. Was sind schon ein paar Dutzend namenlose Opfer, wenn man sich durch die Verlegung des Zwists in eine Kleinstadt den Respekt tapferer US-Soldaten verdienen kann? Ein rührender Augenblick, der auch in den nachfolgenden zwölf Stunden des Films immer wieder aufgegriffen wird.
Man muss das große Ganze eben erst sehen, um es zerkleinern zu können. Und Menschenleben zu retten, so lernen wir, ist kein Selbstzweck: Es ist nachgewiesene, von allen beobachtete Heldenhaftigkeit inmitten des Desasters, auf die es ankommt – und auf den richtigen Soundtrack dazu, am besten irgendeine schmierige Schwanzrock-Nummer der Marke Linkin Park oder Nickelback. Und den wahren Helden erkennt man auch daran, dass er die schwierige Entscheidung treffen kann, Wenige zum Wohl der Vielen über die Klinge springen zu lassen, ohne darüber seine gute Laune zu vergessen. Und zwar immer und immer wieder. Ein paar Tausend Leichen sind halb so wild – entscheidend ist, dass man Heldentum demonstrieren kann, indem man General Zompf siebzehnmal quer durch diverse Wolkenkratzerblocks schmeißt.
Snyder bleibt seinem Motto über die Länge des Filmes treu. Er macht nicht nur die Welt kleiner, sondern auch Superman. Das sieht man schon relativ früh, wenn Clark Kent in ein verbales Scharmützel mit einem übergriffigen Trucker gerät. Clarks Selbstwertgefühl wird von diesem bösen Unterdrücker so nachhaltig lädiert, dass der Held sich heimlich revanchiert: Süffisant demoliert er mit seinen Zauberkräften den LKW des Übeltäters und baut daraus eine lustige Skulptur.
HA! HA! HA! ICH NEHME DIR DIE LEBENSGRUNDLAGE, INDEM ICH DEINEN LASTER KAPUTTMACHE, DEN DU NOCH DIE NÄCHSTEN ZWANZIG JAHRE ABSTOTTERN WIRST! HA! HA! HA! DAS WIRD DICH LEHREN, PROLET, MICH MIT BIER ZU ÜBERGIESSEN! HA! HA! HA! scheint er sagen zu wollen. Diese sympathische Anwandlung hundsföttischer Niedertracht (vermutlich von J. Michael Straczynski inspiriert) ist natürlich ein Augenzwinkern Snyders an sein Publikum: Sieh her, der Übermensch vom Ytong, er ist innerlich auch nur so eine arme Wurst wie du, also sei heiter und lach, wie du es bei Bauer sucht Frau auch so gerne tust.
Wer wünscht sich nicht solche Helden?
Kevin Costner, in seiner Rolle als Clarks Vater Jonathan, resümiert: Es gibt Dinge, die größer und wichtiger sind als die Menschen und ihre Welt.
Zum Beispiel Helden. Zum Beispiel Filme. Zum Beispiel Warner, ein mittelarmer Großkonzern, der in Gestalt von DC Comics seit Jahrzehnten wacker die Rechte seiner Figur hütet und sich dabei bis heute der Abzockversuche zweier dreister Kerle erwehren muss, denen man bereits 1938 die Rechte an ihrem Superman vollkommen legal für eine knapp dreistellige Summe abgekauft hatte.
Man stelle sich nur vor, Jerry Siegel und Joe Shuster hätten sich noch zu Lebzeiten vor Gericht durchsetzen können – der Menschheit wäre womöglich ein Film wie Man of Steel vorenthalten geblieben, der den kulturellen Vorrang affengeiler bunter Helden und ihres wichtigen, weil für uns alle inspirierenden Tuns – also Laster verbiegen, Bösewichter durch Hochhäuser schmeißen, etc. – vor langweiligen Einzelmenschen noch einmal dick unterstreicht.
Nicht auszudenken.
Doch es gibt nicht nur Positives zu berichten. Trotz all der Stärken, die Man of Steel aus seinem unerschütterlichen moralischen Kern zieht, muss man leider auch Abstriche machen. Schon früh zeigt sich, dass auch in Hollywood nur mit Wasser gekocht wird. Der gemeine Pöbel im Kino muss sich etwa die plotbedingte Dummheit der Kryptonianer schönsaufen, die ihre schlimmsten Verbrecher derart unterbringen, dass die nach der absehbaren und kurz darauf eintretenden Apokalypse nicht nur die einzigen Überlebenden ihres Volkes sind, sondern bei der Zerstörung des Planeten gleich noch automatisch befreit werden. So dämlich waren nicht einmal die Dodos.
Die Spezialeffekte sind ausnahmslos so abgelutscht, dass man sich während der geschätzten sechs bis sieben Stunden des Films, die davon getragen werden müssen, ab und an ertappt, gedanklich schon einmal die Wäsche für den nächsten Morgen herauszulegen. Wenn Superman seine ersten großen Sprünge macht und dabei begeistert jauchzt, meint man, eingeschlafen und in Sam Raimis Spider-Man gelandet zu sein – aber nur kurz, dann geht der zähe Albtraum weiter. Die Raumschiffe haben ihre Waffen samt Angriffsstrategie bei Independence Day geklaut, die Nahkampfszenen der Kryptonianer sind ein Aufguss der Matrix-Trilogie, bei der Zerstörung von Metropolis lassen The Avengers, Transformers und Spielbergs War of the Worlds grüßen, und und und.
Die schlecht inszenierten und plump eingesetzten Expositions-Szenen sondern mehr wirren Techsprech ab als eine Folge von Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert. Da raunen sogar die Teenie-Pomeranzen auf der hintersten Bank, weil sie die Arbeitsverweigerung von Regie und Drehbuchschreiber augenblicklich durchschauen. Danach machen sie sich aber wieder vergnügt quiekend über den Film lustig, einen bleibenden Schaden hinterlassen Snyder und Goyer also wohl zumindest bei ihnen nicht. Ich hingegen frage mich in diesen Phasen des Films, wie viel angenehmer es jetzt wäre, mir ein Loch ins Knie zu bohren und Schmelzkäse hineinzufüllen.
Auch sonst ist man bemüht, möglichst viel Spielzeit mit lustlos verhackstückten Hollywood-Standards abzudecken. Es ist, als wären Jahrtausende menschlicher Erzählkunst mit einem Mal ausradiert. Aber man darf vielleicht auch nicht so streng sein. Zeugt es nicht von Sportsgeist, mit dem Staatshaushalt von Togo als Budget einen Film zu produzieren, der ohne eine auch nur ansatzweise neue oder interessant umgesetzte Idee auskommt?
So manche müßige Minute habe ich im Kinosessel mit zum Scheitern verurteilten Erwägungen zugebracht, wie etwa: Wenn Superman sich mit verkrampftem Mienenspiel vom Boden abstoßen muss, um fliegen zu können, wie kommen dann die darauffolgenden Schübe zustande, mittels derer ihn die CGI-Abteilung immer wieder beschleunigt? Frisst der Stählerne vor jedem Flug eine Dose Baked Beans mit Pork, um für die nächste Zündstufe entsprechend gewappnet zu sein? Oder wie bitteschön soll ich mir das vorstellen, Herr Schneider?
Jedenfalls muss die Welt bis auf Weiteres in ihren Angeln bleiben, denn archimedische Ständer gibt’s hier nirgendwo, schon gar nicht aus Stahl. Man of Steel ist kein Kinobesuch, sondern Katastrophentourismus – wobei selbst anspruchslose Gaffer noch enttäuscht sein werden. Den Stoff hat Kyle Baker in seinem grandiosen Browserspiel konsequenter und mitreißender umgesetzt, und einstürzende Häuser haben schon bei Save New York mehr Spaß gemacht als hier.
Snyder bleibt ein Luftikus, was das Handwerkliche betrifft – und ein zwölfjähriger Höhlenmensch vom Planeten Ytong, was alles andere betrifft, das einen guten Film ausmacht.
Oder wie ist’s um deinen Ständer bestellt, Wederhake?
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WEDERHAKE: Frisch, sag doch bitte nicht dauernd das S-Wort.
Also, jetzt nicht Ständer, sondern das andere. Du weißt schon. Warum nicht? Weil es lächerlich ist! Darum! Du hast in deiner Rezension fünf Mal das Wort „Superman“ verwendet, also doppelt so oft, wie das Wort in Man of Steel fällt, dem neuen Meisterwerk von Helge Schneider und Fracisco Goya. Was? Achso, Zack Snyder und David S. Goyer natürlich. Unter tatkräftiger Mithilfe von Christopher Nolan, der irgendwann auch mal seine Kaffeetasse auf dem Skript abgestellt hat.
Das ist natürlich ein Line-Up, das schon im Vorfeld die Spannung auf diesen Film ins Unermessliche wachsen ließ. Immerhin sind das hier zu zwei Dritteln die kreativen Genies, die es 2012 geschafft haben, uns einen Batman-Film zu geben, in dem Batman nicht auftaucht. (Wobei, vielleicht ja doch. Ich habe nämlich in den sieben Stunden, die The Dark Knight Rises dauerte, zwischendrin mal geblinzelt.) Was für ein Genius hinter diesem Konzept steckt. Einen Superman-Film ganz ohne Superman, soviel sei vorweg genommen (Spoiler!), haben die Herren in Man of Steel nicht geschafft.
Aber man kann ihnen nicht vorwerfen, dass sie es nicht versucht hätten.
Wie schon erwähnt: Der Name „Superman“ wird einmal übertönt und an einer einzigen anderen Stelle verwendet, wo man aber auch pflichtschuldig beim Publikum dafür Abbitte leistet, dass man den Namen jetzt doch benutzt hat. Der ist nämlich nicht auf dem Mist von Snyder, Goyer und Nolan gewachsen, der ist im Quellenmaterial so drin. Die können nichts dafür, dass ihre fliegende, Leute mit der Kraft einer explodierenden Atombombe vermöbelnde, pubertäre Allmachtsphantasie so einen blöden Namen hat. Wenigstens ermöglicht es die moderne Kinokunst, in der Farben nie kräftig sein dürfen, dass Supermans komplett in Primärfarben gehaltener Anzug (jetzt auch aus diesem Spider-Man-Material) nicht zu primärfarbig rüberkommt. Außer du gehst in die 3D-Version, da dürfte die Rot-Blau-Brille das wieder kompensieren.
Das Superman-Franchise hat natürlich das Gesamtkonzept auch schwer beschädigt. Der erste Superman-Film ließ uns glauben, dass ein Mann fliegen kann. Nämlich Regisseur Richard Donner vom Set von Superman II, als er sich mit den Produzenten verkrachte. Immerhin hat uns Superman II den guten General Zod schon einmal auf die Leinwand gebracht, in weiser Voraussicht, dass Snyder dreißig Jahre später auch einen Gegner für seinen Stahlemann brauchen würde. In Superman III erforschten dann Superman und Richard Pryor die Gefahren von Drogen und in Superman IV musste der Kryptonier den größten Boxkampf seines Lebens gegen den blonden, sowjetischen Supermann Ivan Drago bestehen, der kurz zuvor schon Supermans Kumpel Apollo Creed totgeschlagen hatte. Und dann kam Mitte der 2000er noch ein Superman-Film raus, an den sich aber keiner mehr erinnert und den ich auch nie gesehen habe.
Ehrlich, Frisch, mit so ’nem Mühlstein um den Hals, ist es da ein Wunder, dass Wesley Sneijder eigentlich gar keinen Bock auf dieses Franchise zu haben scheint, das ihm wohl Warner Brothers aufgezwungen hat, weil seine ursprüngliche Idee, einfach nur drei Stunden lang zu zeigen, wie Hochhäuser einstürzen und Flugzeuge explodieren, dem Studio nicht „Mainstream“ genug erschien? So als kunstfertiger Auteur hast du halt wenig Spielraum in Hollywood.
Immerhin konnte Zack Snyder die ersten dreißig Minuten des Filmes nutzen, um alten CGI-Müll loszuwerden, den er von Sucker Punch noch im Besenkabinett gelagert hatte. Und weil man schon Academy-Award™-Gewinner Russel Crowe als Jor-El gewinnen konnte, ist der ganze Teil, der auf Krypton spielt, natürlich total spiffig actionreich und so. Jor-El kloppt sich in der kryptonischen Ratskammer vor kryptonischen Politikern mit doofen Hüten, Jor-El reitet auf einem Drachenviech durch ’ne Luftschlacht mit den Reapers aus Mass Effect, Jor-El schwimmt sich durch diese Fötuslandschaft aus The Matrix, Jor-El kloppt sich auf ’ner Landeplattform, Jor-El kloppt sich in seinem Wohnzimmer. Gefallen hat mir da aber die Szene, in der Snyder uns als Publikum provoziert und unsere Lust an Zerstörung und Tod kritisch hinterfragt. Da haut Jor-El einem seiner Gegner die Rübe ab und hält sie dann in die Kamera und schreit, in 3D vermutlich besonders immersiv, das Publikum an, ob es nicht unterhalten sei und ob das hier nicht sei, warum man ins Kino ging. So bricht man die vierte Wand!
Ach, papperlapapp. Dieser Krypton-Teil ist auf jeden Fall irre wichtig, weil wir hier lernen, wer der Böse ist (Khan!), was seine Motivation ist (irgendwas mit ’nem Kodex, was ich zu dem Zeitpunkt nicht richtig verstanden habe) und warum eine Revolution scheinbar nicht klappt, wenn du nur so um die fünf Leute hast, die dich dabei unterstützen. Nachdem Jor-El dann seinen Sohn Karl mit einem besonders spermatozoisch aussehenden Raumschiff auf die Erde geschickt hat, beginnt die eigentliche Origin: Der Weg Clark Kents vom Außenseiterkind zum Mann ohne Namen, die wir – in einem gewagten Schachzug, den sich nur Großmeister des Kinos zutrauen – in Echtzeit miterleben. Denn immerhin ist Karl L. jetzt gefangen in einer Welt, die er niemals machte und die er beschützt, obwohl sie ihn hasst und fürchtet, wie ihm sein Adoptivvater beibringt.
Diese Origin ist wichtig, weil das hier für manche Leute vielleicht der erste Superman-Film ist und die seine Motivation verstehen müssen. Und weil es einfach nicht möglich ist, die in kürzerer Form zu erzählen. Weißt du, Frisch, manchmal wünschte ich mir, dass es doch möglich wäre, so kulturell etablierte Hintergrundgeschichten in kompakter Form zu erzählen. Quasi nur die Eckdaten: Doomed planet. Desperate scientists. Last hope. Kindly couple. Ich weiß aber auch, dass so etwas einfach erzählerisch nicht gestemmt werden kann und niemals funktionieren würde. Darum brauchte Smallville ja auch 11 Jahre dafür. Insofern: Hurrah für noch ein paar Stunden Origin.
Die Origin deckt all die bekannten Elemente ab, die Superman zu Superman machen: Superman lässt einen Dieb laufen, der dann kurz darauf bei den Kents einbricht und seinen Adoptivvater Jonathan erschießt. Clark versteht daraufhin, dass mit großer Macht auch große Verantwortung einhergeht, lässt sich einen Bart wachsen und wird Küstenfischer. Dann findet er ein altes kryptonisches Forschungsschiff, bekommt seinen Anzug (weil, äh, ist halt so), rasiert sich den Bart wieder ab und fliegt auf eine Weltreise. All das erzählt im Tempo und mit der Dramatik eines Gletschers, der sich auf eine Stadt zubewegt.
Die sympathischen jungen Herren neben mir im Kino, die offensichtlich die 4D-Vorstellung gebucht hatten und mit Superman direkt kommunizieren konnten („Hau ihm doch in die Fresse! Warum haust du ihm nicht in die Fresse? Ich hätte ihm in die Fresse gehauen!“), überzeugte das übrigens nicht: „Geeeee-nau! Der kann fliegen! Ist klar, so was geht!“ Hier wäre also für den zweiten Teil etwas mehr wissenschaftliche Aufarbeitung des Phänomens wünschenswert.
An dieser Stelle ist Man of Steel übrigens gefühlt etwas länger als Andy Warhols Empire. Aber ab jetzt geht es, im wahrsten Sinne des Wortes, Schlag auf Schlag. Zod taucht wieder auf und wir beginnen mit einer Stunde Endkampf. Weil, zu zeigen wie Superman als Superman supermannige Dinge tut? Das wäre ja vielleicht erbaulich und erbaulich ist nicht Zack Snyders und David S. Goyers Duftmarke. Eher scheint beide ein großer Groll gegen alles Erbaute zu einigen. Aber ich greife vor.
Bevor es nämlich zum Schlagabtausch kommt, muss Superman sich erst einmal den Kryptoniern ausliefern, um die Welt zu retten. Der Karl ist nämlich Weltraumjesus. Das macht Zack Snyder aber leider nicht ganz so deutlich, wie er könnte. Denn während der 33 Jahre alte Superman in einer Kirche davon spricht, dass er gewillt ist, sein Leben zu geben, um die Menschheit zu retten, ist der Jesus auf dem Buntglasfenster im Hintergrund etwas unscharf. Hier hätte der Film vielleicht davon profitiert, wäre er in HFR gedreht worden. Oder vielleicht hätten alle Figuren Superman direkt als Jesus ansprechen können, da sie ihn ja eh nicht als Superman ansprechen.
Naja, auf jeden Fall kommt jetzt Butter bei die Fische und man präsentiert uns das, worauf Snyder in den ersten vier Tagen des Films hingearbeitet hat: Nachdem Superman in Jesuspose aus dem Raumschiff der Kryptonier fällt und kurz vorher noch erfahren hat, dass er „alle retten“ kann, folgt eine Stunde, in der Superman von vermutlich hunderttausenden verstorbenen Amerikanern so ziemlich keinen rettet, außer Lois Lane, einem Piloten und einer Kleinfamilie.
Superman prügelt sich nämlich mit einem Haufen Kryptonier, die die Erde in ein neues Krypton verwandeln wollen. Das wollen die, so erklärt uns General Zod donnernd, weil zwar die Superkräfte von Kryptoniern auf der Erde total töfte sind, aber man nicht wie Clark jahrelang leiden will, um zu lernen, wie man diese Kräfte meistert. Oder auch nur fünfzehn Minuten, denn viel länger braucht General Zod eigentlich nicht, um zu fliegen, balgen und hitzeblicken wie ein Profi. Aber, hey, fünfzehn Minuten können sich verflixt laaaaaaang anfühlen, wie dir jeder bestätigen kann, der sich diesen Film angeschaut hat. Immerhin hatte ich die Gelegenheit, ausgiebig darüber zu sinnieren, ob Dr. Hamilton eigentlich Toby Ziegler ist. (Spoiler: Ist er.)
Nachdem dann die Kleinstadt Product Placement, USA völlig zerlegt wurde (man prügelt sich vor dem 7-Eleven, man prügelt sich vor dem Sears, man haut sich Chryslers um die Ohren), geht es weiter mit ausschweifenden Bildern von der Zerstörung Metropolis‘. The Man of Steel, the Man of Power, is losing control by the hour. Dabei hat Snyder besonders viel Spaß daran, moderne Ikonographie zu verwenden. Wir bekommen hier Bilder kredenzt, die direkt aus dem Collateral-Murder-Video stammen könnten und die Zerstörung von Metropolis erweckt diesen wohligen Schauer, den du nur hinbekommst, wenn du dich ausgiebigst der seit 9/11 in unserem kollektiven Unterbewussten verankerten Bilder bedienst. Und ist es nicht genau das, was du von einem Superman-Film erwartest? Denn immerhin: Das S steht für Hoffnung.
Gut, Superman kann zu der Zeit auch nicht in Metropolis sein, weil man die Metropolis zerstörende Maschine mit einer Superbombe vernichten muss und da Kryptonier drin arbeiten. An deren Tötung kann Superman halt nicht beteiligt sein, darum schickt Snyder ihn erstmal auf die andere Seite der Welt. Er taucht dann aber immerhin rechtzeitig in Metropolis auf, um Lois Lane zu retten, die sich – mangels erkennbarer Charakterisierung – ohne Grund in Superman verliebt hat und die beiden teilen einen total romantischen Kuss mit lustigem Süßholzgeraspel mitten in dem Trümmerfeld, das vor einer Stunde noch Metropolis war, und wo vermutlich gerade zehntausende Tote, Sterbende und Schwerverletzte unter den Trümmern begraben liegen. Da wollte ich der Leinwand zurufen: „Hallo, ihr beiden Turteltauben? Hier sind vielleicht Menschen gestorben?“ Aber dann wurde mir klar, dass das Menschen sind, die wir im Film nie namentlich kennengelernt haben und die damit egal sind. Insofern: Hach schee, vielleicht die romantischste Superheldenszene seit dem Kuss zwischen Peter Parker und Mary Jane Watson im ersten Spider-Man.
Nur Zod, der läuft da halt immer noch rum und muss noch aus dem Weg geräumt werden. In einem klugen Schachzug verlagert Superman den Kampf mit Zod dann in den Teil von Metropolis, der noch nicht zerstört wurde, weil man da beim abschließenden blutleeren Gebalge noch mehr vollbesetzte Hochhäuser zum Einsturz bringen kann. Selbst nachdem Superman und Zod sich zwischendrin im Orbit prügeln, finden sie zielsicher in den noch bevölkerten Teil von Metropolis zurück, wo Superman dann Zods Genick bricht. Das führt dazu, dass Superman kurz Darth Vader am Ende von Episode III imitiert und dann in der nächsten Szene schon wieder lustige Witze darüber gemacht werden, wie unglaublich amerikanisch und heiß der Stählerne doch ist.
Man könnte fragen: What’s so funny about truth, justice and the American Way? Aber viel pointierter als es Snyder und Goyer hier gemacht haben, kann man Kritik an den Folgen amerikanisch-interventionistischer Außenpolitik und dem Desinteresse der westlichen Weltbevölkerung an diesem Komplex ja gar nicht darstellen. Chapeau. Ein Meisterstück, das die vollen sieben Stunden, in denen man darauf hingearbeitet hat, total wert war. Diese bittere Satire, ja ich möchte sie fast schon strangelove’sch nennen, ist der Unterschied zwischen dumpfen „Wir hassen Hochhäuser“-Zerstörungsorgien wie Star Trek: Into the Wrath of Khan und Transformers und filmischem Genius, wie es uns Snyder hier vorsetzt.
Whatever happened to the Man of Tomorrow, Frisch? Er hat uns gezeigt, das Superheldenfilme nicht mehr nur für Kinder sind!
Zack! Bumm! Peng!
Man of Steel
von Zack Snyder (Regie), David Goyer (Drehbuch), Amir Mokri (Kamera), Hans Zimmer (Musik) u.a.
mit Henry Cavill, Amy Adams, Michael Shannon u.a.
Warner Bros. Pictures, 2013, etwa 143 Minuten, etwa 225 Millionen US-Dollar
* * *
WEDERHAKE: Asterix, mein lieber Gelidus, Asterix. Ach, Ach. Asterix. Mir geht es ja, wie vielen von uns alten Lateinern: Asterix erinnert mich inzwischen an eine schöne Beziehung, die irgendwann endete und bei der man dann zunehmend merkt, dass die Partnerin seitdem so seltsam geworden ist, dass man froh sein muss, dass die Beziehung nicht mehr besteht. Weil die Ex jetzt Katzen laminiert, diese Plastikclips von Toastbrotverpackungen sammelt und ihren Freunden Links zu Martenstein-Kolumnen in der Zeit zuschickt. Während ja allgemein bekannt war, dass die Asterix-Bände seit Asterix bei den Belgiern nur noch ein Schatten ihrer selbst sind, hat Albert Uderzo mit Gallien in Gefahr die Marke Asterix ja so unangespitzt in den Boden gerammt, dass man schon fast von einem Gnadentod reden kann, der endlich die Frage beantwortete, wo eigentlich dieses Alesia ist, das niemand kennt.
Und auch in den anderen Bereichen sieht es seit inzwischen fast dreißig Jahren zappenduster aus. Die Trickfilme dümpeln seit Operation Hinkelstein im Wachkoma vor sich hin und der Sinn der ersten drei Realfilme hat sich mir bis heute nicht erschlossen. Nun macht man im vierten Realfilm immerhin eine Sache, die nicht ganz unvernünftig erscheint: Man bedient sich da, wo was zu holen ist. Nämlich bei Asterix bei den Briten, welches ein guter Comic und – viel entscheidender und ohne Diskussionsspielraum – der beste Asterix-Zeichentrickfilm überhaupt ist.
Nur führt das natürlich auch dazu, dass böswillige Zeitgenossen, zu denen ich dich jetzt mal zähle, Frisch, auf einmal anfangen, Asterix & Obelix – Im Auftrag ihrer Majestät mit Asterix bei den Briten zu vergleichen. Und wie ein Broadway-Musical mal titulierte: Deine Arme sind zu kurz, um mit Gott zu boxen. So ein Vergleich ist ohnehin schon unglücklich, aber Im Auftrag ihrer Majestät forciert ihn noch zusätzlich, indem bestimmte Szenen – etwa die Weinverkostung im Tower – Einstellung für Einstellung aus dem alten Trickfilm übernommen werden. Und warum sollte ich im Realfilm etwas in mäßig sehen wollen, das ich aus dem Trickfilm längst in gut kenne?
Besonders, da der Film immer dann, wenn er versucht, eine eigene Note zu entwickeln, stottert und den eigenen Motor abwürgt. Das geht schon damit los, dass er nicht nur Asterix bei den Briten adaptiert, sondern auch noch Material aus Asterix und die Normannen hinzupackt. Unter anderem bedeutet das, dass man den ganzen Film hindurch Majestix‘ Neffen Grautvornix mitschleppt, der jetzt ein slackeriger Emomusiker statt Beatmusiker ist, und dafür Idefix daheim lässt. Sowas haben wir beim Bund, bei dem ich nie war, als sich in den eigenen Fuß schießen bezeichnet. Zumal die Normannen selbst auch nur mit der lockersten narrativen Schnur an den Hauptplot gebunden wurden (da bedient man sich ein wenig bei Asterix bei den Schweizern) und eigentlich an keiner Stelle wirklich wie ein organischer Teil des Ganzen wirken. Aber ohne diesen Einschub hätte der Film nicht an den zwei Stunden gekratzt, an denen heute ja jeder Film kratzen muss, egal wie sehr man sich wünscht, er wäre nach 80 oder weniger Minuten vorbei.
Ohnehin hat es der Film nicht mit Organik und fühlt sich eher wie eine große Nummernrevue mit ganz kleinen Nummern an, für die alle alten Briten-Klischees nochmal ausgepackt werden, weil die heutige Generation ja Hilfe, die Amis kommen vermutlich nicht mehr kennt. Die Briten wahren immer die Contenance, selbst wenn sie attackiert werden, die Briten und die Franzosen mögen sich nicht sonderlich, die Tea Time ist ihnen wichtig und ihre Hauptstadt sah schon 50 v. Chr. aus wie in den schwingenden 1960ern. Mit pferdegezogenen Doppeldeckerbussen. Das war im Feuerstein-Film in den 1990ern deutlich amüsanter, weil da wenigsten die Dinosauriereffekte überzeugten. Und andere aus dem Trickfilm bekannte Szenen, das Rugbyspiel, der Wagendieb, kommen vor um vorzukommen, werden dann aber genau so stiefmütterlich abgehandelt wie die Normannen.
Wenn man überlegt, wie gut Asterix bei den Briten war, dann sind auch die übrigen Neuerungen so, als wenn jemand entscheidet, dass er seinen Ferrari 275 locker aufwerten kann, indem er Haifischflossen, ’nen Heckspoiler und ’nen Fuchsschwanz dranmontiert und dann noch ’nen flammenden Totenschädel auf die Kühlerhaube malt. Das Leitmotiv, dass Asterix und Obelix sich verkrachen, wird hier zum Streit eines alten Ehepaars, Asterix – der völlig eigenschaftslos und dröge von Édouard Baer verkörpert wird – durchlebt eine Midlife Crisis, Teefax und Grautvornix geraten in eine Dreiecksbeziehung und man brennt, auch außerhalb des Titels, total zeitgemäße Anspielungen auf andere Filme der letzten paar, ähm, Jahrzehnte ab, wie etwa Das Imperium schlägt zurück, Uhrwerk Orange oder Kill Bill. All das ist so unnötig wie ungelenk in den Film eingearbeitet, dass im Vergleich deine bewährte Käse-ins-Bein-Tiefenbohrung als subtil und angenehm gelten darf, Frisch. Hatte ich eigentlich die rassistische Karikatur von einem Klischee-Inder erwähnt, die im Film vorkommt? Im Film kommt nämlich auch eine rassistische Karikatur von einem Klischee-Inder vor, um ein paar flaue Einwandererwitze machen zu können.
Immerhin, an einigen wenigen Stellen habe ich geschmunzelt, zumeist wenn körperliche Gewalt angewendet wurde, aber das können auch einfach nur Muskelzuckungen gewesen sein, die sich bei einem so endlos langen und langweiligen Unterfangen wie Asterix & Obelix – Im Auftrag ihrer Majestät früher oder später ja ohnehin einstellen müssen. Und nach diesem Film weiß ich noch deutlich mehr zu schätzen, wie hervorragend man in Asterix bei den Briten einen Comic in Filmform gebracht hat. So erfüllt der Film zumindest eine gesellschaftliche relevante Aufgabe.
Wenn der russische Paradeschauspieler Gérard Depardieu jetzt seinen Knebelvertrag als Obelix abgearbeitet hat, dann können wir hoffen, dass man das Franchise in Ruhe lässt und aufhört, auf diesem seit 1986 toten Pferd herumzuprügeln.
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FRISCH: Tja. Da wird alle paar Jahre weltweit heftig über den ollen Rassismus von Tim im Kongo gestritten, und dann steht da plötzlich ein – fast hätte ich geschrieben „waschechter“ – Blackface-Inder im neuen Asterix-Realfilm, dessen Nebenrolle sich auf übelste rassistische Klischees und zum Fremdschämen alberne Faxen beschränkt. Asterix & Obelix – Im Auftrag ihrer Majestät ist insgesamt nicht der Rede wert, aber an der Stelle kippst du aus den Latschen.
Was sich die Macher dabei gedacht haben, könnte man jetzt fragen, aber die Frage erübrigt sich, denn der Film zeigt in schmerzlicher Eindringlichkeit, dass sie sich gar nichts gedacht haben, bei irgendwas. Das Niveau der Darbietung schwankt zwischen Büttenrede und Theaterstadl, und der Streifen kennt dabei nur zwei Gangarten: Die meiste Zeit schläfert er ein, den Rest nervt er.
Letzteres immer dann, wenn der Blackface-Inder zu sehen ist, aber auch durch den affektierten Akzent der britischen Figuren. Das geht dir schon nach dem ersten Satz auf den Senkel, und es wird die ganzen 111 Minuten konsequent durchgezogen. Vielleicht wirkt das in der Originalversion auf französische Muttersprachler ja total charmant, in der Synchro ist es jedenfalls unerträglich. Es ist nicht amüsant. Es ist nicht originell. Es nervt einfach, sonst nichts.
Generell unterstreicht der Film vor allem die Qualität der Comics, auf denen er basiert. Denn was dank Goscinnys Wortwitz und Uderzos Strich lustig und leichtfüßig wirkt, gerät in diesem müden Klamauk zum Zeugnis bleierner Ungelenkheit. Das ist, als würdest du zwei Stunden lang jemandem bei dem Versuch zuschauen, einen Witz zu erzählen, der sich dabei ständig verhaspelt, die Pointe vergisst, kein Timing kennt und, als wäre nicht alles schon schlimm genug, dich auch noch dauernd dazu nötigt, ihm zu bestätigen, dass er witzig ist.
Das geschieht dann durch grotesk laute Popmusik-Einspieler in RTL-II-Dokusoap-Rumpelästhetik, die dir mit dem Presslufthammer signalisieren, dass das, was sich da gerade abspielt – meistens ist es irgendeine sauteure Choreographie – jetzt aber bitte total mitreißend zu sein und bei allen gute Laune zu verbreiten hat. Die Nummern wirken wie Fremdkörper in der Dramaturgie und sind so liederlich in den Film hineingeschnitten, dass du jedes Mal Angst kriegst, gleich könnten Enie van de Meiklokjes oder Vera Int-Veen vor der Tür stehen, um dir die Wohnung zu renovieren, oder dein Leben.
Ähnlich hilflos wirken die Darsteller, die selbst die flachsten Witzchen noch mit dem ganz großen Gong ankündigen, wobei man manchmal nicht unterscheiden kann, ob es an einem Mangel an schauspielerischem Talent oder am Totalversagen von Regie und Drehbuch liegt. Oft ist es beides, aber viel zu holen gibt es nicht – da hätte auch das beste Ensemble der Welt nicht mehr viel ausrichten können, und das hier ist nicht das beste Ensemble der Welt.
Optisch ist der Film ganz nett geworden, immerhin. Die Dörfer sind nicht unhübsch gestaltet, es gibt viel sattes Grün (Wiesen, Dächer, Wälder) und Blau (Meer) zu sehen, und wenn Handlung, Drehbuch und Figuren schon so wenig hergeben wie hier, dann sind viele Großeinstellungen von Küstenlandschaften bei schönem Wetter – gedreht wurde unter anderem in Irland, Malta und Frankreich – nicht das Allerverkehrteste.
Man muss nun nicht gleich mit Martenstein-Vergleichen kommen, Wederhake. Das hat der Film nicht verdient, und damit macht man ohnehin keine Späße – ich verweise auf Godwin’s Law. Irgendwas, das das Blut mal in Wallung bringt, hätte aber nicht geschadet, von mir aus auch laminierte Katzen.
So bin ich beim Anschauen des Streifens öfter eingeschlafen, als ich geschmunzelt habe, nämlich dreimal. Man hat’s gut gemeint, das schimmert ab und zu durch. Aber am Ende wird halt eine total abgegriffene 08/15-Nummer abgespult, und zwar mit Wurstfingern. Für den Blackface-Inder kannst du da fast dankbar sein, der reißt dich wenigstens kurz aus dem Sekundenschlaf.
Die Marke Astérix, die sich seit dem Tod René Goscinnys 1977 ohnehin in permanenter Erklärungsnot befindet, wird durch solche Filme weiter demontiert.
Asterix & Obelix – Im Auftrag ihrer Majestät
von Laurent Tirard (Regie), Grégoire Vigneron (Drehbuch), Catherine Pujol und Denis Rouden (Kamera), Klaus Badelt (Musik) u.a.
mit Édouard Baer, Gérard Depardieu, Fabrice Luchini, Catherine Deneuve u.a.
Fidélité Films, 2012, etwa 111 Minuten, etwa 60 Millionen Euro
Abbildungen: © Warner und Fidélité/Concorde