Rezensionen

Batman: Die Welt des dunklen Ritters & Spider-Man: Die spannende Welt des Superhelden

Cover Batman: Die Welt des dunklen RittersJedes Comic-Heft ist für irgendeinen Leser das allererste Comic-Heft. Deshalb sollte auf dessen fehlende Kenntnisse Rücksicht genommen und die bisherige Handlung am Anfang des Heftes zusammengefasst werden, um den Einstieg zu erleichtern – so hat es Stan Lee mal vorgegeben. Inzwischen gibt es seine Figur Spider-Man seit 50 Jahren und den Konkurrenten Batman sogar bald seit 75 Jahren. Es ist bereits so viel passiert, dass eine Kurzzusammenfassung aller bisherigen Abenteuer nicht mehr möglich ist, dafür braucht es schon ein ganzes Buch. Mit Spider-Man: Die spannende Welt des Superhelden und Batman: Die Welt des dunklen Ritters sind 2012 die ersten beiden Ausgaben einer Reihe von Sachbüchern über Superhelden auf Deutsch erschienen, die in den USA auch noch Bände über The Avengers, Iron Man und andere Figuren umfasst. Der nächste Band in deutscher Übersetzung wird Anfang 2013 ein Superman-Buch sein, teilt der Verlag Dorling Kindersley mit. Im Regal sieht das dann ganz schick aus: Der Buchrücken zeigt oben das jeweilige Verlagslogo und unten ein Bild des jeweiligen Helden.

200 Seiten für 50 beziehungsweise über 70 Jahre Comic-Geschichte sind nicht viel, zumal diese Bücher, wie eben Comics, zum Großteil mit Bildern gefüllt sind. Es werden ausschließlich Comics behandelt und auch davon werden nur ausgewählte Werke vorgestellt. Das allumfassende Super-Lexikon der Superhelden findet sich hier also nicht. Filme, Spiele und Merchandise wären weitere spannende Themen, die es leider nicht in diese Bücher geschafft haben. Allein schon Batman-Nippes könnte als Basis für interessante Einblicke dienen – so hat z.B. der Designer und Batman-Sammler Chip Kidd in einer TV-Doku darauf hingewiesen, dass Batman in den frühen Comics wie selbstverständlich Pistolen benutzte und auch das Merchandising noch nicht so durchorganisiert und professionell war wie in späteren Jahren: Da durfte jedes Unternehmen mit dem Aussehen des Kostüms herumexperimentieren und es gab sogar eine Figur, die sich als Batman und Spider-Man verkleiden ließ. Schönste Erkenntnis dieser Sendung: Das liebste Sammlerstück ist nicht das seltenste und kostbarste, sondern das allererste Geschenk seines Vaters: ein Batman-Nachtlicht. Und so wie das Nachtlicht wirke auch Batman, sagt Chip Kidd – er nähme uns die Angst vor der Dunkelheit.

Doppelseite aus Batman: Die Welt des dunklen RittersBeide Bücher wurden offensichtlich von den Verlagen Marvel beziehungsweise DC abgesegnet. Für den Band über Spider-Man schrieb Stan Lee das Vorwort, bei Batman wurde Scott Snyder diese Ehre zuteil. Übermäßig gehaltvoll sind beide Einführungen nicht, ganz im Gegensatz zum Rest der Bücher. Ein Sachbuch mit Schwerpunkt auf den Texten und nur wenigen Illustrationen wäre wahrscheinlich noch ergiebiger gewesen, wenn es darum geht, möglichst viele Details zu erfahren. Eine Einordnung in die Zeitgeschichte fehlt hier völlig, bedauerlicherweise kommen keine Zeichner und Autoren direkt zu Wort, es gibt keine Bilder der Herren Stan Lee, Steve Ditko, Bob Kane und Bill Finger, sondern lediglich Zeichnungen der Comicfiguren. Vielleicht ist das so, um die Illusion der Phantasie-Welt aufrechtzuerhalten und weil sich diese Bücher vor allem an jüngere Leser richten? So profane Angaben wie die Preise der Hefte, die nur für wohlhabende Sammler relevant sein dürften, finden sich in diesen Büchern nicht. Informationen zu Werken, die von den Superhelden inspiriert wurden, wie Watchmen oder Kick-Ass, oder auch einige kritische Anmerkungen über Übermenschen oder Law-and-Order-Mentalität wären für ein erwachsenes Publikum sicher interessant. Auch die Meinung von Superhelden-Verächtern wie Garth Ennis hätte ich sehr gerne in diesen Büchern gelesen. Interessant wäre es, zu erfahren, welche Leitfäden Autoren und Zeichner an die Hand gelegt bekommen, wenn sie sich an eigenen Batman- oder Spider-Man-Geschichten versuchen. Welche Einschränkungen gibt es dabei und wie erfüllend ist es, innerhalb dieser Grenzen kreativ zu sein? Ist es wirklich das Größte einen neuen Batman-Gürtel erfinden zu dürfen, wie es in einer Simpsons-Episode mit Alan Moore so bissig beschrieben wurde?

Die Auswahl der Bilder ist sehr gelungen. Nicht erschlossen hat sich mir hingegen, warum die wenigen doppelseitigen Bilder ohne Text nicht genutzt wurden, um besonders markante Zeichnungen zu zeigen. Die hier gezeigten Bilder will sich wohl kaum jemand an die Wand hängen. Zumindest vermittelt manche dieser Abbildungen, wie sehr sich inzwischen Papier- und Druckqualität der Comics verbessert haben – der Spider-Man auf Seite 58/59 würde jedenfalls heute nicht mehr so aussehen. Warum sich manche Info mehrfach in diesen Büchern findet, mag nicht ganz einleuchten, etwa dann, wenn ein Schurke erst bei den Gegenspielern aufgeführt und später nochmals einzeln auf einer Doppelseite vorgestellt wird. Diese Dopplungen sind sinnvoll für Leser, die schnell etwas nachschlagen wollen, die Register sind für diesen Zweck sehr hilfreich! Ohnehin ist es mühsam, diese Bücher am Stück zu lesen. Die Schrift könnte etwas größer und das Layout etwas ruhiger sein, manches wirkt zu sprunghaft. Bei den Zeitschienen hätte ich mir gewünscht, dass zu jedem Ereignis (z.B. die ersten Auftritte von Nebenfiguren wie Catwoman) das entsprechende Heft plus dessen Erscheinungsjahr aufgeführt worden wäre. 

Nach der Lektüre dieser Bücher weiß man mehr denn je über das, was in den bisherigen Dekaden beim Wandkletterer und dem Mitternachtsdetektiv passiert ist. Gut zu informieren, gut zu unterhalten und noch dazu sehr viele schöne, bunte Bilder zu zeigen zeichnet diese Nachschlagewerke aus. Hängen geblieben ist bei mir, dass bei Spider-Man auffällig viele Figuren osteuropäische Wurzeln haben und dass Batman offenbar weniger, dafür beeindruckendere Schurken hat.

Doppelseite aus Spider-Man: Die spannende Welt des SuperheldenDie Kontroverse um Bob Kane und Bill Finger, von denen in den Comics nur ersterer als Erfinder von Batman genannt wurde, wird zumindest kurz erwähnt und Finger als Co-Schöpfer Batmans gewürdigt. Sehr viel tiefer wird dieses Thema nicht behandelt, ebenso wenig wird das Verhältnis zwischen Jack Kirby und Stan Lee beleuchtet. Im Vordergrund stehen die Comics und nach der Lektüre dieser Bücher ist man fit genug in den jeweiligen Welten. Trotz vieler neuer Anregungen konnten die Texte nicht den sofortigen Wunsch in mir wecken, nun sofort loszurennen und mir alle relevanten Comics zu kaufen. Die fehlende überspringende Begeisterung hat aber auch etwas sehr Positives: Man fühlt sich sachlich informiert und nicht wie in einer platten, albern-übertriebenen Lobpreisung und Werbung. Die absoluten Highlights dieser Bücher sind dabei die Zusammenfassungen der Schlüsselhefte. Hier wirken Bild und Text, wie in einem sehr guten Comic, hervorragend zusammen. Auf jeweils einer Doppelseite werden Geschichten wie „Knightfall“, „The Long Halloween“ oder eben The Amazing Spider-Man 248 (siehe Abbildung, eine Geschichte über Spider-Mans größten Fan, der sein Idol treffen darf) so gut zusammengefasst, dass man beinahe das das Gefühl hat, die Hefte gelesen zu haben. Sehr, sehr gut umgesetzt!

Das Batman-Buch wiederum rettet ein wenig die Ehre des für seine beiden Batman-Filme viel geschmähten Regisseurs Joel Schumacher. Denn hier wird deutlich, dass Dark Knight beileibe nicht immer so ernst und düster war wie in Christopher Nolans aktueller FIlmtrilogie. Der Leserschwund bei Superheldencomics nach dem Zweiten Weltkrieg und der strenge Comics Code ließen Batman in den 1950er und 1960er Jahren zum Weltraumdetektiv und zum hellen, freundlichen Retter werden. Ein kleiner außerirdischer Sidekick namens Bat-Mite und Dinge wie das Bat-U-Boot wirken heute wohl ähnlich befremdlich wie Supermans Hund Krpyto und andere grellbunte Auswüchse, die ihren Höhepunkt in der trashigen Batman-TV-Serie der 1960er Jahre fanden.

Cover Spider-Man: Die spannende Welt des SuperheldenBatmans Ernährungs- und Trainingsplan, ein Besuch in Peter Parkers Redaktion im Daily Bugle, eine Führung durch Wayne Manor samt Bat-Höhle, oder ein Stadtplan von Gotham City – die Bücher sind voll von grafischen Beiträgen, die das Fan-Herz höher schlagen lassen. Das reicht von den Kostümen der Helden im Wandel der Zeit bis zu den zahlreichen Variationen des ersten Spider-Man-Covers. Beide Bände stellen Haupt- und Nebenfiguren vor, porträtieren Schurken, schildern Erlebnisse in Parallelwelten und zeigen auf gut gegliederten Doppelseiten die Schlüsselfiguren und die Schlüsselhefte der Serien. Im direkten Vergleich werden auch die Unterschiede zwischen den beiden Superhelden deutlich: Batmans Welt zeigt mit Gotham City eine übersteigerte, sehr extreme Version von New York. Psychologisch möglicherweise die ergiebigere Welt, in der menschliche Abgründe, hässliche Seiten und die Überwindung von Angst und das Verarbeiten von Verlusten im Vordergrund steht. Spider-Mans Welt ist dagegen heller und freundlicher, mitunter geht es stark in Richtung Seifenoper.

Handelt es sich bei diesen Büchern nun um Sachbücher für Kinder? Nein, dafür sind sie zu detailliert! Sind es Lexika, die auch anspruchsvollsten Kennern standhalten? Auch nicht, denn dafür ist der Umfang von 200 Seiten bei weitem zu kurz. Am meisten Spaß dürften Leser haben, die Lust auf mehr Superhelden haben und mehr über die Geschichte(n) ihrer Lieblingsfiguren erfahren möchten, dabei aber auch nicht jedes noch so winzige Detail wissen müssen. Nach der Lektüre ist man bereit, wieder der Handlung der neuen Abenteuer von Spider-Man und Batman zu folgen.

 

Wertung: 8 von 10 Punkten

Über 70 Jahre Batman und 50 Jahre Spider-Man im sehr informativen, üppig illustrierten Schnelldurchlauf

 

Spider-Man: Die spannende Welt des Superhelden
Dorling Kindersley, Juni 2012
200 Seiten, farbig, Hardcover
Autor: Matthew K. Manning
Übersetzung: Thorsten Külper
Vorwort von Stan Lee, Register
Preis: 19,95 Euro
ISBN: 978-3831020652

Jetzt bei amazon.de anschauen und bestellen!

Batman: Die Welt des dunklen Ritters
Dorling Kindersley, Juni 2012
200 Seiten, farbig, Hardcover
Autor: Daniel Wallace
Übersetzung: Joachim Körber
Vorwort von Scott Snyder, Register
Preis: 19,95 Euro
ISBN: 978-3831020645

Jetzt bei amazon.de anschauen und bestellen!

Abbildungen: © Dorling Kindersley