Messe- und Ausstellungsberichte

Comics in Leipzig 2006


Afrika von oben (Robert B. Haas)
Bevor ich mich in den Hexenkessel warf, streunte ich allerdings erstmal in anderen Teilen der Buchmesse und kam so in den Genuss wunderschöner Fotografien von Robert B. Haas, mit denen der National Geographics für seinen Bildband „Afrika von oben“ Werbung machte.

Natürlich wurde auch auf der Buchmesse Leipzig der Tatsache gehuldigt, dass Deutschland das Ausrichtungsland der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 ist, und so fanden diverse Veranstaltungen dazu statt. Die eine, die ich mitbekommen hatte, war sehr amüsant: alte Fußball-Einspielungen wurden von zwei Moderatoren live neu kommentiert.

Dann zog es mich aber doch zu der Comichalle rüber. Kleines Problem: es galt, auf die andere Seite des Messegeländes zu gelangen. So schön der luftige, großzügige Glasbau der Neuen Leipziger Messe ist, so hat er doch seine Schwachpunkte in den Zugängen der Hallen. Da ging nämlich für einige Zeit gar nichts mehr. Es war einfach mit Menschen zugestaut. So voll hatte ich die Buchmesse noch nie erlebt.
Aber eigentlich kein Wunder; es war Samstag Mittag und, wie man nach Beendigung der Messe erfuhr, waren an den vier Tagen insgesamt 126.000 Besucher zu Gast, was einem Zuwachs von 17% (!) entspricht.
Erstaunlich, aber umso schöner, dass sich so viele Menschen (wieder?) für Bücher und Lesen interessieren.

Schlussendlich gelang es mir aber dann doch, zu „Comics in Leipzig“ vorzustoßen.
Wie schon zu erwarten war der Anteil an Manga-Fans hoch – leicht am Prozentsatz der CosPlayer zu erkennen. Die Messe machte auch wieder das Angebot an alle Besucher, ihnen Samstag und Sonntag kostenlos Eintritt zu gewähren, wenn sie in einem Kostüm erscheinen. Offensichtlich wurde dieses Angebot gut angenommen.

Was mir als erstes auffiel war eine wunderschöne Ausstellung, betitelt mit „yoshitoshi ABe + range murata“. Ich bin zugegebenermaßen kein Mangaexperte, aber die stimmungsvolle Kolorierung und Komposition der Bilder hat mir ausgesprochen gut gefallen. Exemplarisch zeige ich einfach mal ein paar Exponate – leider spiegelten die Gläser ziemlich stark.

     
     

Weiter ging es zum Schwarzen Sofa, das eigentlich aus vier Sesseln besteht und dieses Jahr umgezogen war in die hintere linke Ecke. Das Sofa ist jedes Jahr das Zentrum der wichtigsten Veranstaltungen wie die Bekanntgabe der Gewinner des Wettbewerbs „Mangatalente“, denen Verlagszusammenarbeiten winken, sowie diverse Podiumsdiskussionen u.ä.
Als ich dorthin kam war gerade die Verleihung des Wolfgang-Hohlbein-Preises an einen begabten Nachwuchs-Fantasyautoren im Gange. Der Namensgeber (rechts im Bild) des mit 10.000 Euro höchstdotierten Fantasypreises für deutschsprachige Autoren, der natürlich auch in der Jury saß, wurde ein wenig zu seinem Schaffen befragt, bevor die diesjährige Preisträgerin Evelyne Okonnek (2.v.r) etwas zu ihrem Gewinnerbeitrag „Die Tochter der Schlange“ erzählte und auch daraus vorlas. Das Buch wird in diesem Frühjahr beim veranstaltenden Verlag Ueberreuter veröffentlicht. Interessanterweise inspirierte sie ein Traum, den sie drei Nächte hintereinander hatte, zu ihrem Roman.
Vielleicht auch eine Idee, um auf neue Comicideen zu kommen…?

Bei Panini signierte gerade mein sympathisch plaudernder Namensvetter Markus Pfeiffer, der als Synchronsprecher für diverse Serien tätig ist. Natürlich interessierte das hiesige Publikum nur die Anime, aber nach dem Unterschreiben musste er sich trotzdem so Fragen wie „Wen sprichst Du denn überhaupt in welcher Serie?“ gefallen lassen. An den Berühmtheitsgrad der Zeichner kommen Synchronsprecher dann doch wohl noch nicht ran…

Die meisten großen Verlagsstände schienen sorgfältig durchdacht worden zu sein. TOKYOPOP hatten wieder ihren weißroten Streifenlook, der gerne als Hintergrund für Cosplayfotos benutzt wurde, bei Ehapa gab es mit pinkem Plüschfell ausgelegte Leseecken und die Mitarbeiter bei Carlsen sahen alle sehr akkurat und seriös aus und erinnerten ein wenig an Flugbegleiter.
[Leider fielen zwischendurch die Akkus meiner Kamera dem natürlichen Verfall zum Opfer, so dass ich mich danach an die Bilder meiner Handykamera halten musste.]

Ehapa-Stand   

Ehapas Stand

Carlsens Stand

 

Anne Pätzke und Mille Möller von Schwarzer Turm 

Dazu dann im völligen Gegenteil der „Gemeinschaftsstand“ der Klein- und Mittelverlage wie JNK, Cross Cult, Schwarzer Turm etc. An sich gegenüber von TOKYOPOP günstig gelegen, waren die Wänder aber zurückgesetzt und teils hinter einem Shop versteckt. Ohne die wohl noch spontan aufgehangenen Poster zu den zwei Neuerscheinungen des Turms, der Manga-Anthologie „Paper Theatre“ mit ausschließlich deutschsprachigen Mangaka und des Kinderbuchs „Kulla“ von Anne „Trenchmaker“ Pätzke, wäre ich wohl auch erstmal dran vorbeigelaufen. Glücklicherweise konnten sich die Turm-Leute auch noch einen Tisch zum Signieren organisieren, sonst wären ihre interessanten Neuerscheinungen wohl wirklich übersehen worden. Und das wäre ja schade gewesen – schließlich hat die Mannschaft 400 Exemplare von “Paper Theatre“ nachts noch eigenhändig schneiden und binden müssen, weil sie sonst nicht rechtzeitig fertig geworden wären.

 
Mana beim Signieren, im Hintergrund Autor Yann Krehl

Von INKer Christian „Mana“ Nauck konnte man ebenfalls eine Neuerscheinung beäugen: Der erste Band von „Die Wellenläufer“ nach der Romantrilogie von Kai Meyer. Das Skript für den zweiten Teil der Piratengeschichte über zwei Kinder, die über Wasser laufen können, hat Yann Krehl bereits fertig geschrieben, und so wird sich Mana nun an die Zeichnungen des zweiten Bandes setzen. Wenn die Serie gut angenommen wird, wird es im Ganzen auf sieben Comicbände hinauslaufen.

 
 Videoleinwand mit J-Pop-Videos

Leider offenbarte sich auch auf dieser Messe einmal wieder die scheins unüberwindbare Kluft zwischen Manga und den westlichen Comics, wurden letztere von der Masse an Fans ersterer geflissentlich ignoriert – und vermutlich wäre das anders herum genauso gelaufen, wenn sie denn in einer bemerkbaren Anzahl anwesend gewesen wären.

 
Zurechtmachen für’s
Erinnerungsfoto

Und sie zeigte, wie viel mehr als „nur“ Comics die Mangakultur ist. Da wird sich verkleidet, da wird posiert, da streichelt man sein eigenes Ego und die der anderen gleich mit, es wird geflennt, wenn der ersehnte Zeichner nicht aufzutreiben und gekreischt, wenn eine japanische Popband auf der Großleinwand in ihrem neuesten Video zu sehen ist. Bei vielen liegt das einerseits am Alter, aber es wird auch ein sehr starkes Gemeinschaftsgefühl aufgebaut, welches deutlich zu spüren war. Manga als Jugendkultur – hier wurde es in allen Facetten zelebriert. Zum Teil wirkte die Comics in Leipzig CIL von der Atmosphäre her schon eher wie ein Fantreffen denn wie eine Messe. Zumindest schienen die Übergänge fließend zu sein. Diesen Eindruck bekommt man übrigens auch schon auf der Website der CIL, die wie ein Community-Portal aufgebaut ist.

Langweilig war für Mangafans die Messe sicherlich nicht. Für sie wurde liebevoll und mit großem Aufwand sehr viel organisiert und gestaltet. 

 
 Verkauf von Zeichnungen

So verkauften Amateurmangazeichner ihre Originale zu 30,- Euro, in der Teestube konnte man sich gemütlich unterhalten, ein paar Stände weiter lernte man das Brettspiel “GO“ zu spielen und im Animekino gab es jede Menge Filme anzugucken. Dazu kamen noch diverse Ausstellungen und natürlich die Preisverleihung „Mangatalente 2006“ (hier die Preisträger).

Tja, und wenn man die Verlage so hörte, dann verstand wohl der ein oder andere die zum Verkauf ausgelegte Ware als Selbstbedienungstheke. Die Amateurstände zollten dieser Tatsache mit „Klauen ist blöd“-Schildern einfach, aber hoffentlich wirkungsvoll Rechnung.

   

Teestube

Animekino

 

Jack Skeleton aus
“Nightmare before Christmas“

Bei den Cosplayern fand ich zwei Kostüme sehr gelungen; vielleicht auch deshalb, weil ich was mit den dargestellten Figuren anfangen konnte. Einmal das Mädel oder der Junge, der sich Jack Skeleton aus dem wunderbaren „Nightmare before Christmas“ zum Vorbild gemacht hatte, und dann die Gruppe an Hobbits, die sich sogar stilecht Haare auf die Füße geklebt hatten.
Klasse!

 
aus “Comics in Polen“

Wer wollte, der fand auch noch Exoten – zumindest waren sie das für die meisten Besucher. Zum Beispiel präsentierte eine kleine Ausstellung „Comics aus Polen“, welche wirklich interessiert war. Schließlich bekommt man so etwas nicht alle Tage in einem hiesigen Comicladen zu sehen.

Fazit: Comics in Leipzig ist hauptsächlich für Mangafans interessant. Wer einen Einblick in diese Szene bekommen will oder sich schon mittendrin befindet, für den ist diese Messe goldrichtig und die vier Tage Spaß pur.
Die westlichen Comics wirkten, wie auch schon die vergangenen Jahre, leider recht unterpräsentiert und abgeschlagen. Einen ausgezeichneten Überblick erhält man da wohl eher auf dem alle zwei Jahre stattfindenden renommierten Comic-Salon in Erlangen (nächster Termin: 15. bis 18 Juni 2006).

Gewinnspiel:

Dank der freundlichen Unterstützung der Verlage Schwarzer Turm und Ehapa Comic Collection konnten wir jeweils zwei druckfrische Exemplare des Kinderbuchs „Kulla“ und des Piratencomics „Die Wellenläufer 1 – Muschelmagie“ mitbringen, die vor Ort in Leipzig siginiert wurden: „Kulla“ von Autorin und Zeichnerin Anne Pätzke und „Die Wellenläufer“ von Zeichner Christian „Mana“ Nauck und Skriptautor Yann Krehl.

Einsendeschluss ist der 3. April 2006. Jeder Haushalt darf nur einmal teilnehmen. Eure Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Bei mehr richtigen Einsendungen als Preisen entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Viel Glück!

Beantwortet folgende Frage, um eines der Exemplare zu gewinnen:

Wie oft, einschließlich dieses Jahres, fand der Wettbewerb „Mangatalente“ auf der Buchmesse Leipzig bereits statt?

Update: Das Gewinnspiel ist beantwortet.

Die richtige Antwort lautete: Fünfmal.

Je ein signiertes Kinderbuch „Kulla“ von Schwarzer Turm haben gewonnen:
Robin L. und Michael Z.
Je ein signierter „Wellenläufer 1 – Muschelmagie“ von ECC haben gewonnen:
Kevin B. aus Berlin und Daniel U. aus Bönen

Herzlichen Glüclwunsch!