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Comicgeschenkideen 2009

 Nicht mehr lange, dann ist schon wieder Weihnachten! Und für comicbegeisterte Menschen bietet es sich natürlich an, den Beschenkten möglichst viele Comics unter den Gabentisch zu legen. Die Comicgate-Redaktion hat wieder Ideen für diesen Zweck gesammelt: Hier sind unsere 21 Geschenktipps, ordentlich nach Zielgruppe sortiert von A wie Ärzte bis W wie Westernfans.

Selbstverständlich sind sind all diese Geschenke auch geeignet für den eigenen Wunschzettel.
(Illustration: Walter Fröhlich)

Die 2005-er Tipps findet Ihr übrigens hier, die Ideen von 2006 hier und die von 2008 hier .

Die Comics werden diesmal empfohlen von Christopher Bünte (cb), Marc-Oliver Frisch, Thomas Kögel (tk), Andreas Völlinger (av), Benjamin Vogt (bv) und Daniel Wüllner (dw).

FÜR ÄRZTE UND FREUNDE KLASSISCHER COMIC-STOFFE:

 Kirihito 1
von Osamu Tezuka
Carlsen
16,90 Euro

Achtung, jetzt kommt ein Klassiker! Wir erinnern uns: Willy Brandts Kniefall in Warschau, Jimi Hendrix stirbt, die US-Armee fällt in Kambodscha ein, der Raumflug von Apollo 13 wird zu einem Desaster. Wir schreiben das Jahr 1970. Zu diesem Zeitpunkt ist er schon eine Legende: Osamu Tezuka, Jahrgang 1928, ein Mann, dessen Name heute in der Comicwelt so groß, so monumental und so verheißungsvoll klingt wie Hergé oder Carl Barks. Der Hamburger Carlsen Verlag hat es auf sich genommen, Tezukas Serie Kirihito auf deutsch zu veröffentlichen. In drei Bänden soll die Serie hierzulande herauskommen. In Japan erschien sie zum ersten Mal ebenfalls 1970. Es geht darin um einen jungen, ehrgeizigen Arzt aus Tokio mit dem Namen Kirihito Osanai. Er versucht mit allen Mitteln, der mysteriösen Monmo-Krankheit auf die Spur zu kommen, die Menschen in hundeähnliche Kreaturen mutieren lässt. Bei seiner Arbeit infiziert er sich selbst, wird gejagt und verfolgt. Kirihito ist in Deutschland sicherlich als verlegerisches Wagnis zu werten, ist der Band doch sehr weit von zwei großen Zielgruppen entfernt, die sich dafür interessieren könnten. Den Manga-Fans ist Kirihito vielleicht zu altbacken, den franko-belgischen Fans vielleicht zu asiatisch. „Macht aber nix“, sollte man sagen, wenn man daran glaubt, dass sich gute Comics letzten Endes immer auf dem Markt durchsetzen werden. Denn Kirihito fühlt sich frisch und lebendig an, ist spannend und herrlich gezeichnet von der ersten bis zur letzten Seite. Ein bisschen wie Tim und Struppi, doch mit Sex, mit expliziter Gewalt und mit Gesellschaftskritik gewürzt – also ein fabelhafter Rundumschlag, handwerklich meisterhaft ausgeführt. Wer neben herkömmlichen Manga und franko-belgischen Alben Lust auf etwas Abwechslung hat, sollte hier weiterlesen. cb


FÜR BOLOGNA-AMERIKANISTEN UND JUNGS BIS ZEHN, DIE MAL WALFÄNGER WERDEN WOLLEN UND MIT KUNST UMGEHEN KÖNNEN:

 Moby Dick. Ein Pop-Up-Buch
von Sam Ita
Knesebeck
24,95 Euro

Sam Itas „Pop-Up-Buch“-Adaption von Moby-Dick drängt sich geradezu auf als Präsent für anspruchsvolle kleine Racker oder gestresste Amerikanistik-Studenten. Ein Klassiker der US-Literatur liefert hier die Vorlage für eine Umsetzung, die Comics mit einer kunstvollen Falt-Technik kombiniert. Während das Original von Herman Melville gut 500 Seiten lang die Geschichte der besessenen Jagd nach dem weißen Wal immer wieder mit ausgedehnten und zuweilen brisanten Exkursen über den Pottwalfang unterbricht – wie man ein Schiff fachmännisch belädt; was die bärtigen Männer auf hoher See so alles mit dem sogenannten „Spermöl“ anstellen; oder warum Leute, die behaupten, Wale seien keine Fische, Flitzpiepen sind, etc. – und dadurch zu einem wahren Ungetüm wird, ähnlich wie dieser Satz hier, dampft Ita den Stoff auf zwölf Seiten ein. Oder sagen wir besser: zwölf Szenarien. Denn wenn sich beim Umblättern der ganze Dreimaster Pequod nebst Vertäuung, ein Fernrohr in Lebensgröße oder der diabolische Kapitän Ahab höchstselbst wie von Geisterhand erheben und dabei oft noch mit Bewegungseffekten aufwarten, dann ist das schon beeindruckend. Natürlich: Ob sich etwa die Wirkung der eindringlichen Predigt-Szene, die in der Flachprosa etwa 15 Seiten einnimmt, in so ein 3D-Dingsbums übertragen lässt, darf bezweifelt werden. Aber das fällt gar nicht weiter ins Gewicht, denn der Band ist so schick, dass man ihn jedesmal in die Hand nehmen möchte, wenn man daran vorbeigeht. Der kunstinteressierte Neffe wird also keinerlei Probleme haben, Sam Itas Moby Dick als eigenständiges Werk zu bestaunen; und Bachelor-Amerikanisten finden darin ohnehin alles, was sie über amerikanische Literatur wissen müssen – schnell mal vor der Klausur konsumierbar in pädagogisch wertvoller Form, zum Auf- und Zuklappen und Daran-Rumspielen. mof


FÜR FILMCONAISSEURE:

 M – Eine Stadt sucht einen Mörder
von Jon J. Muth (nach dem Film von Fritz Lang)
Cross Cult
25,- Euro

Fritz Langs legendärer Film M- Eine Stadt sucht einen Mörder von 1931 wurde unlängst von dem Künstler Jon J. Muth als vierteiliger Comic umgesetzt. Cross Cult präsentiert mit seinem sehr schönen Hardcover-Band erstmals die komplette Geschichte in deutscher Sprache und liefert zudem ausführliche Textanhänge, die die Historie und die Rezeption sowohl der Filmvorlage als auch des Comics rekapitulieren und die Verbindung zwischen beiden gekonnt herzustellen wissen. Muths Adaption ist in nebulösen Grautönen gehalten, die Bilder sind wahre Gemälde. Nicht nur für Kenner des Films ist diese Publikation eine wahre Freude. Und sie passt vom Gefühl perfekt neben Alan Moores From Hell ins Bücherregal. bv


FÜR GESCHICHTSINTERESSIERTE:

 Auf der Suche nach dem Einhorn
von Emilio Ruiz und Ana Miralles
Ehapa Comic Collection
39,95 Euro

Die Geschichte einer ungewöhnlichen Expedition: Ein Mann begibt sich für das spanische Königreich mit einer treuen Gefolgschaft tief in den afrikanischen Kontinent, der zu diesem Zeitpunkt, im Jahr 1471, noch größtenteils unerforscht ist. Das Ziel ist die Entdeckung eines Einhornes. Der Band ist nicht nur wegen des klugen Storytellings und des historischen Kontext empfehlenswert, sondern er ist auch grafisch mehr als gelungen. Eigentlich die Adaption des gleichnamigen Romans, ist Auf der Suche nach dem Einhorn in Comicform für mich eine der positivsten Überraschungen 2009. bv
[Rezension bei Comicgate]


 Northlanders 1: Sven, Der Verräter
von Brian Wood und Davide Gianfelice
Panini Comics
19,95 Euro

Blutige Schwertkämpfe, nordische Landschaften, einfach ein faszinierendes Wikinger-Epos. Brian Woods Northlanders ist ein unangepasstes, rohes Werk, das Action und Tiefe verbindet. Band 1 handelt vom rachsüchtigen Thronfolger Sven und ist die ideale Gelegenheit, um den ein oder anderen Mitmenschen mit dieser hervorragenden Vertigo-Rehe anzufixen. bv
[Rezension bei Comicgate]


FÜR HORROR-FANS:

 Locke & Key 1: Willkommen in Lovecraft
von Joe Hill und Gabriel Rodriguez
Panini Comics
16,95 Euro

Familie Locke packt ihre Koffer. Vater wurde brutal ermordet, für die Familie soll ein neues Leben beginnen. Natürlich klappt das nicht so ganz. Mit der Vergangenheit im Gepäck siedeln Mutter und die drei Sprösslinge über in ein sehr, sehr altes Haus. Doch irgendetwas stimmt hier nicht … Magische Schlüssel machen das Haus zu etwas Besonderem. Wer sie benutzt und durch bestimmte Türen geht, verwandelt sich. Zum Beispiel in einen Geist. Ein feiner Horror-Comic, der sich angenehm vom Einheitsbrei abhebt und auf viel Blut und schreiende Teenager in Unterwäsche verzichtet. Stattdessen wird der Figurenkosmos ernst genommen und mit viel Fingerspitzengefühl ein Beziehungsgeflecht gewoben. Ein tolles Weihnachtsgeschenk für Horror-Freunde! cb
[Rezension bei Comicgate]


FÜR JÄGER UND SAMMLER:

 Wimbledon Green
von Seth
Edition 52
25,- Euro

Ein eigenwilliger, rundlicher Typ mit Brille und Schnäuzer, das ist Wimbledon Green, der wohl größte Comicsammler der Welt. Der Comic über das Leben und Schaffen dieser fiktiven Figur wurde vom kanadischen Künstler Seth als verschachteltes und vielschichtiges Puzzle konstruiert, welches dem Leser auch unterschiedlichste Blickwinkel auf Sammelleidenschaft an und für sich gewährt. Natürlich geschieht das in einem eher augenzwinkernden, überzeichnenden Maße. Bemerkenswert ist dieses auch von außen sehr nett aussehende Büchlein allemal und darf als ideales Geschenk für einen Menschen gelten, der sich auf Comicbörsen bevorzugt auf die Jagd nach raren und wertvollen Comics für seine Sammlung begibt. bv
[Rezension bei Comicgate]


FÜR JEDEN, DER SCHON EINMAL SCHABEN IN DER KÜCHE HATTE:

Exterminators

von Simon Oliver und div. Zeichnern
Panini Comics
Bisher 2 Bände, 14,95 bzw. 16,95 Euro

Eigentlich sollte Exterminators ein Drehbuch für eine TV-Serie werden. Zum Glück wurde daraus nichts. Denn vielleicht wäre dann nie dieser tolle Comic bei DC/Vertigo erschienen. Hauptfigur Henry ist Kakerlakenjäger, ein talentloser Jedermann in Alltagskluft, der tiefer und tiefer in den Strudel der Ungezieferbekämpfung hineingezogen wird. Nach und nach erklären ihm seine freakigen Kumpels bei Bug-Bee-Gone, wie die Realität hinter der Fassade genannt Wirklichkeit aussieht. Denn irgendwo außerhalb seiner Reichweite spinnen ein ägyptischer Dämonenkult und ein skrupelloser Großkonzern ihre Netze, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Henry ist sich der Reichweite und Bedeutung seiner täglichen Arbeit noch nicht ganz bewusst. Es geht um alles! Wir? Oder die? Mensch gegen Kakerlake! Ordnung versus Chaos! Ein bisschen durchgedreht, solide erzählt und super gezeichnet! Ein Comic-Band für jeden, der schon einmal Schaben in der Küche hatte oder Men in Black zu oberflächlich fand! cb
[Rezension von Band 1 bei Comicgate]


FÜR JEMANDEN, DER ZU JUNG IST, UM SICH AN DIE DDR ZU ERINNERN:

 drüben!
von Simon Schwartz
Avant-Verlag
14,90 Euro
 
Dem kann mit diesen beiden feinen Comicbänden Abhilfe geschaffen werden. In drüben! erzählt Simon Schwartz die Geschichte seiner in der DDR geborenen Eltern und schafft es gerade durch den persönlichen Bezug, gepaart mit einem äußerst ansprechenden Zeichenstil, die nicht einfachen Verhältnisse hinter der Mauer lebendig werden zu lassen. (drüben! eignet sich übrigens auch sehr gut, um ältere Ostverwandte, die beim Weihnachtsessen regelmäßig in DDR-Nostalgiezustände verfallen, wieder auf den Boden der damaligen Tatsachen zurückzubringen.)

 

Da war mal was …
von Flix
Carlsen
14,90 Euro

Flix hingegen bietet mit Da war mal was … häppchenweise Anekdoten rund um die Deutsche Demokratische Republik, die auf Erinnerungen von Freunden und Bekannten basieren. Von witzig über skurril bis bedrückend ist da alles dabei und wird grafisch äußerst abwechslungsreich dargebracht. av
[Rezension bei Comicgate]


FÜR KINDER ZWISCHEN 6 UND 99 JAHREN (DIE ENGLISCH VERSTEHEN):

 The Wonderful Wizard of Oz
von Eric Shanower und Skottie Young
Marvel Comics
29,99 US-Dollar

Eigentlich wäre eine weitere Comicadaption von L. Frank Baums Kinderbuchklassiker Der Zauberer von Oz wirklich nicht mehr nötig gewesen. Das Buch wurde bereits mehrfach in Comicform gebracht und ohnehin ist die Verfilmung von 1939 mit Judy Garland der eigentliche, unantastbare Klassiker. Wenn dann aber ein Zeichner wie Skottie Young am Werk ist, sieht die Sache schon wieder ganz anders aus: Dessen schwungvolles, leicht skizzenhaftes Artwork gibt dem Wizard of Oz einen modernen und gleichzeitig zeitlosen Anstrich und überzeugt mit unglaublich liebevoll gezeichneten Figuren. Bisher leider nur auf Englisch zu haben, und zwar in einer schönen Hardcover-Ausgabe aus dem Hause Marvel. tk


FÜR DIE LIEBEN KLEINEN:

 Gustav und der Professor
von Haimo Kinzler und Leo Leowald
Stromboli
10,- Euro

Nach Gustav und Aldo vom Aldebaran im Frühjahr erscheint rechtzeitig zum Fest bereits das zweite Bilderbuch über den kleinen Gustav. Doch zuerst drohte die Kinderbuchreihe der beiden Comic-Künstler Haimo Kinzler und Leo Leowald gar nicht auf dem Markt zu erscheinen. Kein Verlag traute sich an die etwas eigenwilligen Geschichten des Jungen Gustav und so entschlossen sich die beiden einfach ihren eigenen Verlag, den Stromboli Verlag, zu gründen. Dabei ist das Konzept der beiden bisher erschienen Bücher doch nicht schwer zu verstehen: Die Geschichten, von Kinzler getextet und von Leowald in seiner bekannten Schnabeltiermanier illustriert, besitzen den ruppigen Charme von Maurice Sendaks Wo die wilden Kerle wohnen und die Fabulierlust von Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf. Die beiden Künstler versuchen erst gar nicht, Kinder mit Moral oder mit einem Bildungsauftrag einzulullen. Im zweiten Band folgt man auf 72 monochromatischen Seiten (ganz in Grün gehalten) dem kleinen Schüler Gustav, zumindest seinem Gehirn, das einen Tag vor den großen Ferien in einen Gorilla transplantiert wurde. Gut für Gustav, dass er eine Lehrerin wie Frau Meier-Greulich hat, denn die tritt nicht als Spaßbremse auf, sondern fügt sich selbstbewusst in das Abenteuer ein und entwickelt durch ihre bestechende Logik sofort eine Strategie, um Gustavs Körper mit seinem Gehirn zu vereinen. Gustav und der Professor liest sich so erfrischend unverkopft, dass man wieder Kind sein möchte, allein schon um Frau Meier-Greulichs Flugkünste und Karateeinlagen mitzuerleben. dw


FÜR LOKALISTEN:

 Hector Umbra
von Uli Oesterle
Carlsen
24,90 Euro

Deutsche Comic-Künstler wohnen heutzutage entweder in Hamburg oder in der Hauptstadt. So scheint es zumindest, wenn man beispielsweise Arne Bellstorfs neues Comicprojekt Baby’s in Black betrachtet, das St. Pauli zum Schauplatz hat, oder wenn man über Mawils Zeichenaktionen anlässlich des jubilierenden Berliner Fernsehturms informiert wird. Doch auch im Süden der Nation gibt es Comic-Künstler, die eng mit ihrer Stadt, ihrer Wahlheimat und der dazugehörigen Geschichte verbunden sind. Ähnlich wie die Zentrale der Lokalisten hat auch Uli Oesterle in der bayerischen Hauptstadt sein ganz eigenes Paradies gefunden. Für all diejenigen Comicleser, die im Urlaub die Isarauen vermissen und nicht genug bekommen können vom „Holy Home“ und anderen Insidertipps, ist Hector Umbra genau der richtige Comic. Geschickt umspielt Oesterle die Vorurteile über das ach so oberflächliche München und nimmt seine Leser lieber gleich mit in versteckte Gassen, die sich plötzlich zwischen den pastellfarbenen Häusern auftun, und in den Untergrund, in U-Bahnen und in Tunnelgewölbe. Dort spinnen garstige Kopfgeburten und andere Monster ihre Intrigen gegen den Protagonisten. Neben solch wahrhaft Untergründigem beweist Oesterle aber auch, welchen Horror eine simple Dorfidylle ausstrahlen kann. Obwohl der Comic zwar nach ihm benannt ist, hat es der kantige Hector Umbra schon reichlich schwer, sich neben dem heimlichen Helden des Comics, der Stadt München, behaupten zu können. Dieser Comic ist von einem Lokalpatrioten für Gleichgesinnte. dw


FÜR MÄRCHENERZÄHLER:

 Fables
von Bill Willingham und div. Zeichnern
Panini Comics
Bisher 10 Bände, 14,95 bis 19,95 Euro

Wer wissen möchte, was Schneewittchen, Rosenrot und der Böse Wolf heute so treiben, sollte Fables lesen. Die Märchenfiguren haben sich verkrochen und versuchen, möglichst unauffällig ihre Leben zu führen. Mitten in New York haben sie eine kleine Gemeinde gegründet, genannt Fabletown, magisch ein bisschen verhüllt und von den Sterblichen zum Glück noch immer unentdeckt. Sie kamen als Flüchtlinge. Ihre Königreiche mussten sie verlassen aus Furcht vor einem ominösen, übermächtigen Feind, der die Märchenlande mit Krieg, Chaos und Verzweiflung überzieht. Wer Fables verschenkt, sollte sich bewusst sein, dass es hier mit einem Band nicht getan ist. Der erste große Handlungsbogen wird erst in Band 7 abgeschlossen. Aber Ausdauer lohnt sich. Bill Willingham erzählt so effektsicher, frisch und unterhaltsam, dass einem die Figuren fest ans Herz wachsen und man immer wieder gerne nach Fabletown zurückkommt. cb
[Rezension von Band 1 bei Comicgate]


FÜR SCHURKEN-SYMPATHISANTEN:

 Tanatos 1
von Didier Convard und Jean-Yves Delitte
Ehapa Comic Collection
29,95 Euro

Ein in dunkles Leder gewandeter Superschurke zieht im Geheimen die Fäden der französischen Politik im frühen 20. Jahrhunderts und manipuliert damit die Zeitgeschichte. Hört sich ungewöhnlich an, liest sich aber als willkommene Alternative zu sonstigen Superhelden-Stories auf dem Markt. Das liegt vor allem daran, dass der geniale Schurke selbst der eigentliche Held ist und ein strahlender Gegenspieler nicht existiert. Dementsprechend düster ist dieser Comic von Didier Convard und Jean-Yves Delitte, der sich weder vor der Thematisierung realer Geschehnisse noch vor deren teils unrealistischer Abwandlung scheut. Herausgekommen ist ein bemerkenswertes frankobelgisches Album. bv
[Rezension bei Comicgate]

 Wanted
von Mark Millar und J.G. Jones
Panini Comics
16,95 Euro

Endlich darf die Gemeinde der Superschurken auch mal einen nachhaltigen Sieg davontragen. Denn eigentlich weiß doch jeder Leser, dass die Bösen eigentlich viel cooler sind als die capetragenden Saubermänner. So kommt es, dass der junge Wesley eines Tages in ein geheimes Netzwerk von Superschurken eingeführt wird und die Stelle seines Vaters als Mordmaschine The Killer beerben soll. Wanted ist ein brutaler, expliziter Comic, in dem die bösen Buben die Welt kontrollieren und unter sich aufgeteilt haben. Es ist Mark Millars aufsehenerregendstes und vermutlich sein kompromisslosestes Werk, deswegen darf er in keinem Regal eines hartgesottenen Comicfans fehlen. Die Neuausgabe von Panini ist nicht nur von der Außengestaltung etwas schöner als die Infinity-Version, sondern wartet auch mit massig Bonusmaterial auf. Deswegen landet dieser etwas ältere Comic auch verdient in unserer Empfehlungsliste. bv
[Rezension der US-Ausgabe bei Comicgate]


 DC Premium 60: Joker
von Brian Azzarello und Lee Bermejo
Panini Comics
25,- Euro (HC), 16,95 Euro (SC)

Sicherlich ist Joker von Brian Azzarello und Lee Bermejo einer der besten Einzeltitel der letzten Jahre aus dem Hause DC. Darin wird ein Joker gezeigt, der sich äußerlich an das Design aus dem Film The Dark Knight anpasst und ebenso psychopathische Züge an den Tag legt. Azzarello schickt den Erzfeind Batmans auf eine wahre Tour de Force, denn gerade aus Arkham entlassen, muss er sich sein Verbrecherimperium wieder erkämpfen. Es ist ein begeisternder Band, der im kantigen, rauen Stil erscheint und einfach erwachsener wirkt als bisherige Bat-Titel. Das liegt auch daran, dass der Vigilant selbst hier nur eine marginale Rolle spielt. bv
[Rezension bei Comicgate]


FÜRS SCHWARZE SCHAF DER FAMILIE:

 Criminal: The Deluxe Edition
von Ed Brubaker und Sean Phillips
Marvel / Icon
49,99 US-Dollar

Was Heftserien angeht, ist die US-Comic-Branche so sehr auf die Vermarktung von Superhelden getrimmt, dass andere Genres schon aus Prinzip ganz schlechte Karten haben. Daraus erklärt sich auch, warum es in den Staaten beispielsweise so wenig wirklich gute Serien über Wintersportler gibt. Doch des Skifahrers Leid ist des Delinquenten Freud, denn ein Genre, welchem dieser karge Boden eine ausreichende Nische bietet, ist der Krimi. Im Schatten der ungleich dominanteren Superhelden konnte er über die Jahrzehnte seine Wurzeln schlagen und erlebt derzeit ein kleines Comeback. Als besonderes Geschenk für den kleinkriminellen Cousin bietet sich daher etwa der kürzlich erschienene Band Criminal: The Deluxe Edition an. Das stattliche Hartpappen-Buch sammelt auf über 400 Seiten die ersten beiden, mehrfach ausgezeichneten Criminal-Serien von Autor Ed Brubaker und Zeichner Sean Phillips. Es geht um Bankräuber, Geldfälscher, Auftragsmörder, korrupte Polizisten und generell einfach Menschen, die ihre letzte große Chance wittern, erpresst und betrogen werden oder auf Vergeltung aus sind. Ihre Geschichten werden von Brubaker und Phillips als gnadenlose menschliche Dramen inszeniert, hartgesottene Thriller über zerbrochene Existenzen, die handwerklich zum Besten gehören, was der US-Markt zu bieten hat. Der Band ist als Zeitvertreib in der U-Haft ebenso tauglich wie als leichte Bettlektüre nach dem Ableisten anstrengender Sozialstunden. Er ist dick genug, um mehrere Abende zu füllen, passt aber hochkant immer noch prima zwischen schwedischen Gardinen hindurch. Dem gelungenen Fest steht also nichts im Wege, auch wenn die Lieben gerne mal ein krummes Ding drehen. (Marvel, $ 49.99) mof


FÜR UNWISSENDE:

 Die großen Künstler des Comics
von Klaus Schikowski
Edel
29,95 Euro

Wenn ich meine Familie an Weihnachten fragen würde, wer denn eigentlich die Schlümpfe erfunden hat, würden sie sicherlich unisono antworten: „Vater Abraham, bitte sehr!“. Wenn ich dann beginne, unter dem Christbaum die Geschichte des franko-belgischen Albums nachzuerzählen, gelingt es irgendeinem Familienmitglied sicher, mich durch ein digitales „Oh du Fröhliche!“ vom CD-Player zu unterbrechen, noch bevor ich dazu gekommen bin zu erläutern, dass Peyo in Wirklichkeit Pierre Culliford heißt und die kleinen blauen Zwerge eigentlich drei Äpfel groß sein sollten. Wer eine ähnliche Familie oder beratungsresistente Bekannte besitzt, sollte für Weihnachten Klaus Schikowskis neues Buch Die großen Künstler des Comics besorgen. Der Band ist als historische Zusammenfassung angelegt und nimmt sich dafür die 32 wichtigsten Comic-Künstler und ihr Schaffen zum Fokus. Dabei betet Schikowski nicht einfach nur eine Liste von Künstlern inklusive ihrer Lebensdaten und Werke herunter, sondern verziert die großzügigen Reproduktionen der Comics mit vielen witzigen Anekdoten und Zusatzinformationen. Schikowski bemüht sich sehr strukturiert die Eigenheiten des jeweiligen Künstlers herauszustellen. Dies lässt sich am besten an seiner Darstellung von Comic-Urgestein Will Eisner aufzeigen: Der Schöpfer von The Spirit hat gleich zwei Kapitel zugeschrieben bekommen. Eine Ehre, die keinem anderen Künstler zuteil wird. Diese Doppelung soll die künstlerische Eigenheit des Zeichners zum Ausdruck bringen: Während Eisner mit The Spirit vor allem die Form der Erzählung im Comic, wie z.B. die Splash Page eingeführt hat, hat er seinen zweiten Eintrag fast ausschließlich der Graphic Novel zu verdanken, die er mit A Contract with God institutionalisiert hat. Damit dieses Buch auch wirklich gut bei den unwissenden Lesern ankommt, hat Schikowski für einen breiten Fundus an Beispielbildern gesorgt, die fast die Hälfte der Seiten einnimmt. Es handelt sich hier nicht um eine staubige Fachlektüre, sondern um einen gut überschaubaren Zugang zur Welt der Comics und seiner Künstler, die mit ihrem Schaffen die Comickunst geprägt und weiterentwickelt haben. dw
[Rezension bei Comicgate]


FÜR NOSTALGISCHE WESTERNFANS:

 Comanche 1: Red Dust
von Greg und Hermann
Splitter
15,80 Euro

Wer in den Siebziger Jahren ZACK-Leser war, erinnert sich sicher an die stilprägende Westernserie des belgischen Duos Greg und Hermann: Comanche hob sich besonders durch ihren Realismus von anderen Comics dieses Genres ab und gehört bis heute neben Lucky Luke und Blueberry zu den Klassikern des Westerncomics. Weil viele Comicfans ihr Hobby am liebsten im Rückspiegel betrachten und sich ihre Lieblingsserien von einst heute in möglichst gediegener Aufmachung auf den Wohnzimmertisch legen wollen, gibt es Projekte wie die „Collector’s Edition“ des Splitter-Verlags. In insgesamt 10 Bänden wird Comanche hier neu aufgelegt,  und zwar in einer definitiv weihnachtsbaumtauglichen Aufmachung: Jedes einzelne Panel wurde aufwändig restauriert, dazu gibt es umfangreiches Bonusmaterial sowie einen Kunstdruck und ein edles Spotlackcover. tk


FÜR AUFGESCHLOSSENE WESTERNFANS:

 Kauboi und Kaktus
von Landrömer
Mondfähre
Bisher 3 Bände, je 5,- Euro

Die skurrilen Episoden um Kauboi, das Skelett mit Cowboyhut, und seinen besten Kumpel Kaktus gibt es mittlerweile schon in drei Bänden, alle von Christian Schmiedbauer alias Landrömer im Selbstverlag veröffentlicht. Diese Comics lesen sich, als hätten Johnny Cash, John Ford und Sergio Leone gemeinsam eine Folge von Spongebob Schwammkopf geschrieben. Schräg und verschroben, aber auch außerordentlich charmant und sehr witzig. Und als Zusatz kann man dann gleich noch eins von Landrömers kleidsamen T-Shirts dazuschenken. Alles erhältlich bei kauboiundkaktus.de/shop/. tk