Welt am Draht

52 mal berührt: Swamp Thing #1

DC Comics startet sein komplettes Superhelden-Universum neu. COMICGATE trifft sich zum Speed-Dating mit den Erstausgaben aller 52 Serien. Wird es dabei zu heißen Spätsommer-Flirts kommen? Zu wilden Schlabberzungenküssen? Oder bleibt es doch eher beim Austausch lauer Unverbindlichkeiten? Hier ist alles drin, Freunde der Sonne. Folge 13 von 52: SWAMP THING #1 von Scott Snyder und Yanick Paquette.

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altMARC-OLIVER: Dieser ersten Ausgabe nach zu urteilen, scheint Autor Scott Snyder eine recht traditionelle Mystery-Serie mit Superheldeneinschlag im Sinn zu haben: Vögel fallen vom Himmel, Fische sterben, ein ominöser Zombie-Wirbelsturm verschlingt alles Lebendige und geht damit eine Art Symbiose ein, etc. pp. Und der Held, Alec Holland, ist durch eine biochemische Reaktion von den Toten auferstanden und hat sich in ein Sumpfding verwandelt – oder auch nicht. Mir kam beim Lesen manchmal das Gefühl, dass Snyder sich auf ein Vorwissen über die Figur verlässt, das ich nicht habe, aber vielleicht liegt das auch nur daran, dass die Geschichte insgesamt den Leser etwas in der Luft hängen lassen will, was auch legitim ist.

Die Szenen und Dialoge sind jedenfalls durchweg überzeugend umgesetzt, speziell wenn Holland mit seinem Kollegen plaudert oder eine Stippvisite von Superman erhält. Hier greift ein Rädchen ins andere: Superman ist ein Fremdkörper in Hollands Welt, und die Macher ziehen alle an einem Strang, das auch auf jede erdenkliche Weise in der Szene zu zeigen – nicht nur durch Hollands ablehnende Haltung in den Dialogen, sondern auch durch die betont erdige Umgebung, inklusive eines Farbschemas, das sich mit Supermans geradezu beißt. Der „Stählerne“ wirkt hier wie ein Ferrari im Regenwald. Und ganz nebenbei bietet die Szene auch noch eine interessante Unterhaltung zwischen zwei authentischen Figuren. Großes Tennis.

Man merkt es Snyder an, dass er einen Abschluss in Kreativem Schreiben gemacht hat und das nötige Handwerkszeug mitbringt. Auch Yanick Paquettes Zeichnungen überzeugen. Der Mann hat sich über die letzten zehn, fuffzehn Jahre konsequent weiterentwickelt, und in Comics wie diesem erntet man als Leser nun die Früchte dieser Fleißarbeit: sieht gut aus und ist kompetent. Ein weiteres gelungenes Debüt, auch wenn noch nicht ganz klar ist, welche Richtung das Ganze nimmt.

ZOOM-FAKTOR: 8 von 10!


 

BJÖRN: Volle Zustimmung. Snyder und Paquette ergänzen sich ganz hervorragend und liefern einen der bisher besten Neustarts ab. Mir geht es ähnlich wie dir, der Teil in dem Dr. Holland die Vorgeschichte von sich und dem Swamp Thing erzählt, hat mich beim Lesen ein wenig in der Luft hängen lassen. Ich glaube so grob zu raffen, was passiert ist, aber sicher bin ich nicht.

Die Qualität des Heftes zeigt sich aber daran, dass mich das nicht davon abhielt, den Rest des Comics zu genießen. Ich verstehe nach dieser Ausgabe, was für eine Art Mensch Dr. Holland ist, ich begreife, dass er versucht, seinem alten Leben zu entkommen, und es nicht schafft. Und das erreicht Snyder nicht etwa, indem er es Holland einfach in seinen Captions sagen lässt, wie es in viel zu vielen Neustarts der Fall ist, sondern indem ich es aus Doc Hollands sehr glaubwürdigem Gespräch mit dem Mann aus Stahl selbst ableite. So sieht gutes Writing aus.

Und Paquettes Artwork passt perfekt zu dem Titel: Die Doppelseite, auf der Batman, Superman und Aquaman das Tiersterben erleben, ist ein wahnsinnig schicker Einstieg. Die späteren Seiten, auf denen das Monster auftaucht oder das Swamp Thing sich ankündigt? Ebenfalls ungemein schick gestaltet und mit viel Liebe zum Detail gezeichnet. Die Flora und Fauna machen was her und die Horrorpassagen sind angemessen unheimlich. Das Übermonster, das sich aus Tierkadavern konstituiert, hat schon etwas sehr Bedrohliches. Einzig an Supermans neues Kostüm kann ich mich auch in Paquettes Zeichnungen nicht gewöhnen. Die Zusatzlinien und das Stiefeldesign treiben mich in den Wahnsinn.

Und dass Supermans Kostüm, für das Snyder und Paquette nichts können, mein größter Kritikpunkt an Swamp Thing ist, sagt wohl alles. Leseempfehlung.

ZOOM-FAKTOR: 8 von 10!


 

Bereits im Juni hatte COMICGATE alle 52 neuen DC-Serien vorurteilslos begutachtet und eingeordnet: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4.

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