Autor: Christopher Bünte

Frankfurter Buchmesse: Faszination Comic 2011

Das Comic-Zentrum auf der Frankfurter Buchmesse 2011Christopher Bünte ließ sich einen Tag lang über das Comic-Zentrum der Frankfurter Buchmesse 2011 treiben und berichtet von seinen Zufallsfunden, unter anderem ein indischer Comic über Macbeth, dessen Cover erstaunlich stark an eine Ausgabe von 100 Bullets erinnert, Eigenproduktionen von Carlsen und Ehapa, die hübsch aussehen, ihn aber inhaltlich nicht überzeugen, ein meditativer Manhwa und das Gespräch von Andreas Platthaus mit Craig Thompson über dessen neues Epos, Habibi.

 

Hatter M 1 & 2 (US)

„Schlagt ihnen die Köpfe ab!“ Wenn die Herzkönigin aus Leibeskräften schreit, geht es um Kopf und Kragen. Alice zeigt sich wenig beeindruckt. So ist sie eben, die Herzkönigin. In Frank Beddors Version der Geschichte von Lewis Caroll schreit die Herzkönigin auch herum. Aber bei ihm ist das keine Satire auf das englische Königshaus, sondern eine todernste Angelegenheit. Denn die Herzkönigin will über das Wunderland herrschen.

Barbarella

 Barbarella führe das Publikum fort vom kausalen Denken, fort vom Auflösen von Widersprüchen und fort vom Widersprechen. Die Möglichkeit zur Differenzierung der modernen Welt bleibe ausgeschaltet. Ein unreflektiertes Machtmodell. So schrieb der Literaturkritiker Fritz Raddatz im März 1967 in der Zeit.

Batman – Was wurde aus dem Dunklen Ritter?

Batman ist tot, lang lebe Batman! Mit dem Sammelband Batman – Was wurde aus dem Dunklen Ritter? schlägt Panini zwei Fliegen mit einer Klappe. Primo: Die erste Episode im Band ist zugleich die längste. Auf 60 Seiten breitet sich da Batman: Whatever Happened to the Caped Crusader? aus, eine Zäsur im Batman-Universum; das US-Original erschien im April 2009, die Beerdigung des Fledermaus-Helden, stilecht mit Kostüm und Sarg auf einer Doppelseite. Ähnliches kannte man bereits von Superman, wohl wissend, dass zugkräftige Flagschiffe der Verlage niemals wirklich sterben, sondern immer wieder aus der Asche neugeboren werden. Kubert zeichnet wie ein junger Gott, und Gaiman hebt an zu einer reflektierten, metaphysischen Betrachtung, ohne den Leser allzu sehr mit Prügeleien oder anderen banalen Ereignissen zu belästigen. Manch einem könnte das zu abgehoben sein. Secundo: Der Sammelband enthält noch vier weitere, wesentlich kürzere und ältere Batman-Stories von Gaiman, A Black and White World (1996), Pavane (1989), Original Sins (1989), When is a Door not a Door? (1989), alle ganz gut zu lesen, alle mehr als gewalttätige Ereignisketten, sondern oft interessante …

Prototype

 Prototype ist ein Comic zu einem Videospiel gleichen Namens. Der Band reiht sich in jenen Teil von Paninis Comic-Programm ein, der versucht, andere Formate in das Medium Comic zu übertragen und gewinnbringend zu vermarkten. World of Warcraft, Silent Hill oder Gears of War sind andere Beispiele für Comics, die bei Panini erscheinen und ihren Ursprung im digitalen Zockerhimmel haben. Merchandise nennt man das wohl. Die marktstrategische Idee dahinter ist nicht neu und sehr naheliegend.

Jonah Hex 1 – Zeit zu sterben

Jonah Hex ist ein Muss für jeden Western-Fan. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern. Das Cover von Tim Bradstreet sieht schon einmal klasse aus. Und fix durchgeblättert: Ja, alles ist da! Rauchende Colts und Falschspieler, Indianer und Explosionen. Die Zeichnungen im Innenteil sehen irgendwie ganz okay aus, die Kolorierung ist durchschnittlicher Mist, aber egal, das kann in den USA eh kaum einer, warum also bei Jonah Hex damit anfangen? Portemonnaie raus, eine Handvoll Dollars für den Comickeeper – und rein ins Regal damit! Lesen sollte man das Ding aber besser nicht. Sicherlich, Jonah Hex gibt es schon seit den Siebzigern, eine durch und durch tragische Gestalt, ein einsamer Revolverheld, dessen linke Gesichtshälfte wie Frikassee aussieht. Und auch innerlich wurde der sympathische Unsympath durch den Wolf gedreht. Ein Kopfgeldjäger, ein brutaler Herumtreiber, woah! Ja, das ist cool, das macht Kasse. Zumal bald der Kinofilm  auf der Matte steht. Im Juni 2010 soll es soweit sein. Es ist natürlich keinem Verlag – weder Panini noch DC – zu verübeln, im Fahrwasser eines solchen Leinwandspektakels noch ein paar …

Unheimlich 3 – Die Toten

Unheimlich ist eine Horror-Heftchen-Serie aus Deutschland. Verlegt wird sie in Zusammenarbeit mit Edition 52. Das erste Heft kam im Juni 2006 heraus. Federführend hinter dem Projekt stehen Alexander Fechner und Miguel E. Riveros Silva (Millus). Inzwischen gibt es fünf Ausgaben von Unheimlich: Drei der regulären Serie, eine asiatische und ein Sonderheft. Weitere sind – wenn man dem Netz Glauben schenken möchte – bereits in Arbeit. Thematisch und formal bewegt sich Unheimlich in der Nähe der Hammerharten Horrorschocker aus dem Hause Weißblech. Der Vergleich muss gestattet werden: Beide Serien sind Horror, beide haben ein Kleinformat, beide kommen aus der deutschen Indie-Szene. Jüngst (will heißen: Anfang Dezember 2009) ist die dritte Ausgabe von Unheimlich erschienen. Sie trägt den Titel „Die Toten“ und stammt aus der Feder von Millus. Es geht darin um eine Reihe von Selbstmorden in Köln und eine Gruppe Ermittler, die mehr hinter der Sache vermutet, als es zunächst den Anschein haben mag. So sehr man sich auch über jedes Pflänzchen im deutschen Comic-Garten freuen mag und so sehr auch die Qualitäten von Unheimlich in …